zum Hauptinhalt
Blick auf eine Baustelle am Südpier des neuen Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER). Ein Experte sagt: Er kann erst 2019 ans Netz gehen.

© Patrick Pleul/dpa

PR-Berater Klaus Kocks über den BER-Sprecher: "Abbou ist Opfer seiner Eitelkeit geworden"

PR-Experte Klaus Kocks über das Interview von BER-Pressesprecher Daniel Abbou, die Rolle von Pressesprechern und gute Lügen.

Herr Kocks, BER-Pressesprecher Daniel Abbou hat sich in einem Interview so offen wie nie zuvor ein Verantwortlicher über die Probleme am Flughafen BER geäußert und wurde dafür gefeuert. Zu recht?

Ja, er ist zu recht entlassen worden, weil er sich völlig unprofessionell verhalten hat. Er ist nicht etwa Opfer seiner Ehrlichkeit geworden, sondern Opfer seiner Eitelkeit, denn er weiß  offensichtlich nicht, welche Rolle ein Pressesprecher in einem Unternehmen hat.

 Und welche Rolle wäre das?

Ein Pressesprecher hat in einem Unternehmen eine dienende Funktion und zwar ist er dabei Diener zweier Herren. Sein erster Herr ist das Unternehmen, für das er tätig ist. Wenn er für ein öffentliches Unternehmen wie den BER arbeitet, ist er sogar Staatsdiener.

Und wer ist der zweite Herr eines Pressesprechers?

Er muss Presse respektieren. Ein guter Pressesprecher hat damit eine gespaltene Loyalität. Auf der einen Seite muss er die Interessen seines Unternehmens wahrnehmen, sich aber auf der anderen Seite an das halten, was die demokratischen Gepflogenheiten einer freien Presse sind.

Und dieser Rolle ist Daniel Abbou in dem Interview nicht gerecht geworden?

Nein, wie er über  komplexe Probleme am BER jargonhaft gerichtet hat, kann Gegenstand eines Kneipengesprächs im fortgeschrittenen Stadium sein, nicht aber Teil einer offiziellen Kommunikation eines Pressesprechers.

Klaus Kocks, 64, ist PR-Berater und war zuvor bei Volkswagen Vorstand für Kommunikation.
Klaus Kocks, 64, ist PR-Berater und war zuvor bei Volkswagen Vorstand für Kommunikation.

© Promo

Der Beruf heißt ja aber nun mal nicht Presseschweiger, sondern Pressesprecher. Wie offen darf, wie offen muss also ein Pressesprecher sein, gerade wenn das Unternehmen solche Probleme hat wie der BER?

Transparenz ist kein Wert an sich, auch wenn Journalisten das gerne anders behaupten. Man muss auch mal die Jalousien runterlassen, wenn die Hitze im Treibhaus zu groß  wird. Denn wie gesagt, der Pressesprecher hat den Interessen des Unternehmens zu dienen und das heißt  im Fall des BER, diesen gottverdammten Flughafen, endlich fertig zu bekommen. Im Rahmen der Sonderschulpädagogik Urteile über seinen Chef auszusprechen, wie es Herr Abbou mit Herrn Mühlenfeld getan hat, ist einfach nicht tragbar.

Muss ein guter Pressesprecher auch ein guter Lügner sein?

Wenn ein Pressesprecher Lügen zu verkünden hat, dann muss er das so machen, dass er Journalisten signalisieren kann, dass er eine Lüge zu verkünden hat. Bei einer kritischen Frage kann man entweder sagen: „Ich dementiere das.“ Oder aber: „Ich muss das dementieren“.  Zwischen diesen beiden Antworten liegt die Welt. 

Offenherzig. Wegen eines nicht autorisierten Interviews wurde BER-Pressechef Daniel Abbou freigestellt.
Offenherzig. Wegen eines nicht autorisierten Interviews wurde BER-Pressechef Daniel Abbou freigestellt.

© M. Kappeler/dpa

Daniel Abbou ist lieber konkret geworden: „Bekenne dich dazu, wenn etwas scheiße gelaufen ist“, sagte er im Interview. Ist das eine gute Strategie?

Das ist eine sehr gute Strategie, nur gehört es nicht zu seinen Aufgaben als Pressesprecher, Bekenntnisse abzugeben. Er soll erklären, was passiert. In seinem Interview findet sich aber nicht ein in der Sache analytischer Satz. Es wird nichts erklärt außer dem einen schönen schwäbischen Satz: „Alle sind Scheiße, außer ich“.

Wie hätte Herr Abbou denn geschickter erklären können, was am BER falsch läuft?

Er hätte nicht seinen Chef persönlich angreifen sollen, sondern erklären können, dass man eine Behörde mit einer Aufgabe beauftragt hat, die eine Behörde gar nicht kann.

Welchen Sprechertypus sollte sich Flughafenchef Mühlenfeld jetzt suchen?

Er braucht einen industriepolitisch erfahrenen Pressesprecher, der ein Gefühl dafür hat, was die dienende Funktion von Kommunikation in einem solchen Unternehmen ist. Schauen sie sich den Bahnsprecher Oliver Schumacher an, der hat auch viel Scheiße zu verkaufen und macht das sehr gut.   

Zur Startseite