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Berlin: Premiere im Teak-Palast

Im ehemaligen „Balázs“-Kino in Mitte werden wieder regelmäßig Filme gezeigt.

Teakgetäfelte Wände sind ein wenig aus der Mode gekommen. Auch das Rasterdesign, das in tiefen DDR-Zeiten für den Veranstaltungsraum des damaligen „Hauses Ungarn“ in der Karl-Liebknecht-Straße 9 als Wandverkleidung ersonnen wurde, ist nicht mehr jedermanns Sache: Retro durch und durch, der Look der siebziger Jahre, damals todschick, heute dagegen: naja. An einem szenigen Ort wie dem HBC-Club aber, der inzwischen die ehemalige ungarische Kulturstätte nutzt, ist Teak schon wieder eine Art Nonplusultra: so warm und doch so cool.

Filmliebhabern ist der Teakraum noch als „Balázs“ in Erinnerung: ein dort 1993 angesiedeltes Kino, benannt nach dem ungarischen Filmtheoretiker und -autor Béla Balázs (1884–1949). Es machte die Tradition früherer gelegentlicher Filmaufführungen zum Prinzip, bis es 2007 wieder aus der Berliner Kinolandschaft verschwand. Im Reich des HBC wurde der alte Kinosaal dann nur ein Raum von vielen, seiner Kinobestuhlung beraubt, doch dank Beamer- und Tonanlage auch für gelegentliche Filmvorführungen genutzt.

Ein Dauerprogramm für Cineasten wird es dort auch weiterhin nicht geben, aber ein Anfang für eine neue Kinokultur in dem Block gegenüber der Marienkirche wird an diesem Dienstagabend gemacht: Mit der in Neukölln angesiedelten Komödie „Frontalwatte“ von Jakob Lass beginnt dort eine vorerst bis Ende Januar dauernde Reihe regelmäßiger Filmvorführungen, immer dienstags, vorwiegend Berliner Independent-Komödien, stets mit dem Regisseur und anderen Mitwirkenden als Gästen. Hinter diesem „Low-Budget-Cinema“ (Ticketpreis: drei Euro) steckt neben dem HBC-Team das „Campingplatzkino“ um Jungregisseur Patrick Banush, der erstmals in diesem Sommer an der Kastanienallee die Freiluftbar „Trailer Lounge“ um eine Open-air-Spielstätte für „verrückte kleine Berlinfilme“ ergänzte – ein Konzept, das nun zur Winterszeit im Saal fortgeführt wird, mit den aus der Kastanienallee vertrauten Filmen und auch neuen. Man werde den Raum „ganz gemütlich bestuhlen“, verspricht Banush, und die Saalbar bleibe selbstverständlich geöffnet. Sein Ziel: „wirkliches Off-Underground-Kino, lebensbejahend, unabhängig“, eben wie im Premierenfilm „Frontalwatte“, dessen Helden Franz, Adrian und Anastasia durch Neukölln stolpern und sich die Zeit mit „Kiefern-OPs, Triangelunterricht, Inzest und Poetry Slams“ vertreiben, wie es vielversprechend heißt. Solche Filme will Banush „ins Leben tragen“, in diesem Falle eben ins Nachtleben des HBC-Clubs. Wobei man mit dem Club-Etikett dessen Anspruch nicht gerecht wird. Ausstellungen, Modenschauen, Lesungen, Konzerte und Partys – im HBC kann man vieles erleben. Nach dem Auszug des Collegium Hungaricum Berlin (CHB) vor vier Jahren übernahm Betreiber Stephan Rothfuß die Räume und tobt sich hier seither programmplanerisch aus. Mit der Wiederbelebung vermeintlich komatöser Orte kennt er sich aus: Am Arkonaplatz bezog er einst einen leerstehenden Eckladen, in dem sich zuvor ein Schlüsseldienst befand. Heute heißt der Laden „Weltempfänger“ und ist eine angesagte Bar mit Tanzfläche im Keller. ac/hey

Low-Budget-Cinema im HBC, Karl-Liebknecht-Straße 9 in Mitte, dienstags, 20 Uhr, Infos: www.hbc-berlin.de

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