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Berlin: Prignitz verhindert Grundstücksverkauf an Nazi

Privatleute helfen dem Eigentümer in seiner finanziellen Notlage Außerdem erhält er Sozialleistungen – von denen er bisher nichts wusste

Von Frank Jansen

Kleinow - Die braune Gefahr scheint, zumindest vorerst, für Kleinow gebannt zu sein. Der Besitzer des ehemaligen LPG-Anwesens in dem Prignitz-Dorf habe zugesagt, das Gelände derzeit nicht zu verkaufen, verkündete Brandenburgs Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) gestern in Plattenburg, der Gemeinde, zu der Kleinow gehört. Ziegler hatte den finanziell klammen Norbert Rothhardt aufgesucht, um ihn von einem Geschäft mit dem NPD-Anwalt Jürgen Rieger abzubringen. Nach einem Runden Tisch in der Gemeindeverwaltung schilderte Ziegler, was Rothhardt angeboten wird – eine Kombination aus staatlicher Hilfe und Unterstützung durch die Privatwirtschaft. Die Ministerin freute sich: „Hier wird gezeigt, was eine Region stemmen kann.“ An dem Runden Tisch beteiligten sich unter anderen die Ministerien für Bildung und Ländliche Entwicklung, der Landrat und weitere Politiker und Institutionen.

Zunächst hatten laut Ziegler die Sozialbehörden die finanzielle Notlage des Grundstücksbesitzers analysiert und herausgefunden, dass er mehrere staatliche Leistungen, die ihm zustünden, gar nicht in Anspruch nimmt. Nun soll Rothhardt geholfen werden, sich in den Antragsverfahren zurechtzufinden. Bis die staatlichen Gelder fließen, wollten Unternehmer aus der Prignitz mit finanziellen Hilfen für die Familie einspringen, sagte Ziegler. Außerdem habe ein Klinik-Unternehmen angeboten, in einer seiner Einrichtungen könnten sich die Frau von Rothhardt und ihr behindertes Kind vom Stress, nicht nur der letzten Tage, erholen. „Wir müssen die Familie stark machen, damit sie nicht auf solche perversen Angebote eingehen muss“, sagte Ziegler mit Blick auf das vermutete Kaufinteresse des NPD-Mannes Rieger, der jede Absicht bestreitet. Rothhardt habe sich für die Unterstützung bedankt. Auf Nachfrage des Tagesspiegels äußerte sich Rothhardt jedoch wirr. Er sprach von einem „waghalsigen Angebot“ der Ministerin, das für ihn nicht günstig sei. Er betonte aber, es gebe mit Rieger keine Verhandlungen. Ein Kauf des Anwesens mit öffentlichen Geldern komme nicht in Frage, sagte Ziegler. Sie will allerdings ihr Krisenmanagement als Modell verstanden wissen – für den Fall, dass anderswo im Land der Kauf einer Immobilie durch Neonazis und der Aufbau einer rechtsextremen Schulungsstätte drohen.

Und Plattenburgs Bürgermeisterin Gudrun Hoffmann (parteilos) und die Bewohner von Kleinow wollen noch ein Zeichen setzen – auch um zu verhindern, dass Rothhardt doch noch mit Rieger und der NPD einig wird: Am Sonnabend soll in dem Dorf gegen Rechtsradikalismus demonstriert werden. Seit Tagen künden Protestschilder und Flugblätter von der Stimmung im Ort: „Lasst Nazis hier nicht rein, unser Dorf muss sauber sein“, ist da zu lesen. Die Angst sei noch nicht weg, sagte Hoffmann nach dem Runden Tisch.

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