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Pro-Reli-Entscheid: Die Gräben im Glauben versanden

Der kircheninterne Konflikt, der sich am "Pro Reli"-Volksentscheid entzündet hatte, scheint gut zwei Monate nach dessen Scheitern abzuebben, und die Kirche geht mittlerweile wieder auf ihre Kritiker zu.

Damals bewegte das Thema noch die Stadt: Soll der Religionsunterricht künftig ein mit dem Ethikunterricht gleichberechtigtes Schulfach an Berlins öffentlichen Schulen werden? Mehrere Monate lang warben das Aktionsbündnis „Pro Reli“, die Kirchen, CDU und FDP für die Einführung eines Wahlpflichtmodells – doch in der Volksabstimmung am 26. April lehnte die Mehrheit diesen Vorschlag ab. Vor allem die evangelische Kirche erschien am Wahltag gespalten wie noch nie. Denn während zahlreiche Kirchenmitglieder das Wahlpflichtfach unterstützten, organisierte sich in Initiativen wie „Christen pro Ethik“ der Widerstand. Kritische Pfarrer wurden ins Konsistorium einbestellt, und noch im Juni antwortete Bischof Wolfgang Huber auf die Briefe Austrittswilliger mit einem Serienbrief: „Für differenzierte Argumente oder für das Erwägen von Kompromissen“ sei in der Phase vor der Volksabstimmung „kaum Raum“ gewesen.

Doch kürzlich trafen sich nun Berlins evangelischer Generalsuperintendent Ralf Meister und Mitglieder der Initiative „Christen pro Ethik“ zum Gespräch. Über die Inhalte wurde Stillschweigen vereinbart, immerhin bestätigten beide Seiten, dass das Treffen in einer „korrekten und respektvollen Atmosphäre“ ablief.

„Wir sind nach wie vor der Meinung, dass man den Ethikunterricht nicht als ein Gegenmodell zum Religionsunterricht sehen darf“, sagt Josef Göbel, Sprecher der Initiative. Die wolle sich in den nächsten Jahren „bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Schulfachs Ethik engagieren, und wir hoffen, dass sich auch die Kirchen daran beteiligen werden“.

Die Kirchen indes hoffen auf neue Gespräche mit dem Senat. Denn direkt nach der Abstimmung hatte sich Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) für eine stärkere Kooperation zwischen Religion und Ethik ausgesprochen. Konkrete Schritte habe es bislang nicht gegeben, sagt Stefan Förner, Sprecher des katholischen Erzbistums Berlin. Insgesamt habe sich der Streit um den Religionsunterricht aber beruhigt. „In unseren Gemeinden herrscht die Meinung vor, dass es gut war, die Debatte geführt zu haben.“

Doch zugleich steigt in Berlin und Brandenburg die Zahl der Kirchenaustritte. Einen Zusammenhang zu „Pro Reli“ sieht man in den Kirchen jedoch nicht: „Wir wissen oft nicht, warum die Menschen austreten“, sagt Förner. „Ich halte aber den Streit um die Pius-Brüder für eine wahrscheinlichere Ursache als ,Pro Reli‘.“

Neuen Streit gibt es indes an der Grundschule am Ginkgobaum in Johannisthal. Dort soll Religion nur noch ab der dritten Klasse unterrichtet werden – den Eltern wurde unter Verweis auf das Ergebnis des Volksbegehrens mitgeteilt, dass die evangelische Kirche nicht mehr genug Lehrerstunden zur Verfügung stelle. Kirchensprecher Volker Jastrzembski bezeichnete das auf Nachfrage als „Unsinn“. Sollte es zu Streichungen beim Religionsunterricht kommen, habe dies nichts mit dem Volksentscheid, sondern nur mit der Gruppengröße in den einzelnen Klassen zu tun. „In der Grundschule sollten 15 Schüler zusammenkommen, in höheren Klassen 12“, sagt Jastrzembski. „Soweit es unsere Kräfte zulassen, bemühen wir uns aber, auch dort Religionsunterricht anzubieten, wo die Gruppen kleiner sind.“ Benjamin Lassiwe

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