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Der Papst bei der Arbeit. In Berlin ist eine Visite ohne Gottesdienst geplant.

© AFP

Pro & Contra: Braucht der Papst eine große Bühne in Berlin?

1996 beim Besuch von von Johannes Paul II. flogen Farbeier aufs Papamobil, es gab Pfeifkonzerte bei der Papstrede am Brandenburger Tor und einen Flitzer. Soll der Papst einen öffentlichen Gottesdienst in Berlin abhalten? Ein Pro & Contra.

Von Fatina Keilani

Pro

Der Papst kommt nach Berlin – und da zweifeln manche noch, welches Format diese Veranstaltung haben soll? Kleiner Gottesdienst oder große Bühne? Die Frage stellt sich nicht im Ernst. Leute, da kommt der Papst, Gottes Stellvertreter auf Erden! Selbst, wenn Berlin insgesamt kein religiöser Flecken ist und Katholiken sich hier in der Diaspora sehen: Natürlich soll der Papst hier öffentlich sprechen, und so viele Menschen wie möglich sollen die Chance haben, ihn dabei zu sehen und zu hören. In einer kleinen Kirche am Rande der Stadt ginge das nicht. Auch wenn der Gottesdienst auf große Leinwände nach außen übertragen würde, wäre es doch nicht das gleiche. Das Argument, die Kirche Maria Regina Martyrum eigne sich so gut, weil gleich mehrere Anliegen erfüllt würden, nämlich das Nazi-Gedenken und die Einbindung der Protestanten mit dem Papstgottesdienst zu verbinden, ist nicht überzeugend. Auch der Ort Olympiastadion ist nicht geeignet, denn so fiele man nur ins andere Extrem. Dagegen der Bebelplatz: Dort ist die Hedwigskathedrale, also die zentrale katholische Kirche Berlins. Es ist ein wundervoller Platz, der Massen aufnehmen kann und doch seitlich reichlich Ausweichfläche bietet. Das Ganze findet ja wahrscheinlich an einem Freitag statt. Da werden die Sonderzüge aus Süddeutschland nur so anrollen zum spätsommerlichen Berlin-Wochenende mit Papst. Und einige Berliner und Polen kommen sicher auch. Fatina Keilani

Contra

Vor 20 Jahren wollte Madonna zum ersten Mal in Berlin auftreten, im Olympiastadion. Der Vorverkauf verlief unerwartet schleppend, das Konzert wurde abgesagt. Erst Jahre später klappte es dann doch. Nun schließt sich solch ein Verfahren bei einem Staatsbesuch mit eventueller Großmesse zwar grundsätzlich aus, zu verdienen wäre damit ohnehin nichts, und selbstverständlich ist ein Papst, bei aller möglichen Popularität, kein Popstar. Aber die ernüchternde Erfahrung, vor halb leeren Rängen aufzutreten, wünscht man Benedikt XVI. nun wirklich nicht, er selbst sich wohl auch nicht, zumal solch eine Situation, ein offensichtlich zu groß gebuchter Veranstaltungsort, von wirklichkeitsfremder Selbstüberschätzung zeugt, und die ist immer peinlich. Berlin ist nun mal nicht Köln oder Augsburg, gehört vielmehr seit Kurfürst Joachim II., also schon verdammt lange, zur reformierten Fraktion – obwohl selbst dies angesichts grassierender Säkularisierung gerade in Berlin keine große Rolle mehr spielt. Auch die katholische Kirche, und gerade das hiesige, chronisch klamme Erzbistum, muss sich immer fragen, wie man die knappen Resourcen am sinnvollsten einsetzt, und da gibt es eben Möglichkeiten, die weit mehr überzeugen als eine Massenveranstaltung ohne Masse. Das ist zwar ein überaus profanes Argument, aber solche Profanität ist nun mal die materielle Grundlage jeder seelsorgerischen Arbeit, in Rom, Köln, Berlin oder wo auch immer. Andreas Conrad

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