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PRO & CONTRA: Soll es in Krankenhäusern Raucherzimmer geben?

Von Gesundheitsdiktatur und Giftlounges: Nik Afanasjew und Kai Kupferschmidt diskutieren Raucherzimmer in Krankenhäusern.

PRO

Krankenhäuser sollten wieder über Raucherzimmer verfügen. Wer sich an einem harten Berliner Winterabend den Eingangsbereich eines Klinikums anschaut und fröstelnde Rentner davor stehen sieht, kann diese Form von Nichtraucherschutz kaum gutheißen. Es geht hier nicht um 15-jährige Heranwachsende, die man mit sinnvollen Verboten zu erziehen versucht. Ältere Menschen, die im Krankenhaus liegen, haben in den meisten Fällen genug mit sich und ihrer Krankheit zu tun haben, ist das wirklich die passende Zeit, sie einem Nikotinentzug auszusetzen? Die „Raucherinseln“ bei Vivantes sind im Winter eher Eisschollen, dort können sich Patienten nicht nur erkälten, sondern auch die Beine brechen. Der Nichtraucherschutz ist kein Argument gegen das Raucherzimmer in der Klinik. Anders als im Restaurant oder in der Bar gibt es keine Bedienungen, die zwangsweise dem Qualm ausgesetzt sind. Außer sich selbst schadet der Raucher niemandem. Wenn das verboten sein soll, kommt einem zwangsläufig das Wort Gesundheitsdiktatur in den Sinn. Dass ein 60-Jähriger während eines einwöchigen Krankenhausaufenthaltes plötzlich zur Besinnung kommt und das Qualmen aufgibt, können nur die größten Optimisten ernsthaft erwarten. Übertriebene Verbote provozieren nur Trotz und Verbitterung. Wer etwas gegen das Rauchen tun will, muss bei den Jungen und Gesunden ansetzen.

Nik Afanasjew

Lesen Sie auf Seite 2: "Qualmkabinen und Giftlounge" – Das Contra von Kai Kupferschmidt.

CONTRA

Dass manch Berliner Raucher gerne auch im Krankenhaus ein Raucherzimmer hätte, überrascht nicht. Aber ausgerechnet der Präsident der hiesigen Ärztekammer, Günther Jonitz, hat nun so eine Qualmkabine gefordert. Seine Argumente dafür sind dünn. Da ist der klassische Versuch der Relativierung, nach dem Motto: „Natürlich ist Rauchen nicht gesund, aber in der Kälte zu frieren, doch sicher auch nicht.“ Stimmt schon. Nur ist vor Berlins Kliniken noch kein Patient erfroren. Dagegen ist Zigarettenkonsum in Deutschland mit Abstand die häufigste Ursache für einen frühzeitigen Tod. Weit über 100 000 Raucher sterben daran im Jahr und ein paar tausend Passivraucher noch dazu.

Ob man gesund lebt oder nicht, ist Privatsache, keine Frage. Aber im Krankenhaus sollen Menschen geheilt werden. Da wäre es widersinnig, eine kleine Giftlounge einzurichten. Überhaupt: Rauchen macht süchtig, klar. Aber muss man deshalb Rücksicht auf die Sucht nehmen, sie fördern? Wenn die Mediziner in Krankenhäusern das Rauchen mit einem Raucherzimmer unterstützen, dann müssten sie konsequenterweise den Alkoholikern eine Minibar bereitstellen und den Medikamentensüchtigen einen Schlüssel zur Apotheke geben. Wer weiß, was den passionierten Zigarrenraucher Jonitz zu seinem unsinnigen Vorschlag motiviert hat. Seine Argumente kann man jedenfalls in der Pfeife rauchen.

Kai Kupferschmidt

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