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In der Wuhlheide können fast 20.000 Leute feiern. Bis die drin sind, dauert es lange.

© Sabrina Janke

Pro und Contra: Sollen in der Wuhlheide Bäume fallen?

In Köpenick steht die Natur der Sicherheit im Weg. Sollen in der Wuhlheide Bäume gefällt werden? Diskutieren Sie mit, liebe Leserin, lieber Leser!

Seit Duisburg ist alles anders. Die Katastrophe bei der Loveparade mit 21 Toten vor einem Jahr hat Auswirkungen auf jede Großveranstaltung in Deutschland. Genauer als früher werden Zugänge überprüft, soll gefährliches Gedränge ausgeschlossen werden. Beispielsweise beim Weihnachtsmarkt auf dem Potsdamer Platz oder beim Kreuzberger „Myfest“ am 1. Mai wurde auf Drängen der Feuerwehr den Rettungs- und Fluchtwegen viel mehr Beachtung geschenkt als früher. Auch das Baumblütenfest in Werder (Havel) ist, wie berichtet, in diesem Jahr komplett umgeplant worden.

Nun ist die Wuhlheide als Veranstaltungsort in die Kritik geraten. Beim Konzert der Foo Fighters vor einer Woche mussten viele der 17 000 Besucher lange im dichten Gedränge vor dem Eingang warten, teilweise eine Stunde oder mehr. Strikte Taschen- und Körperkontrollen hätten diesen Stau produziert, hatte Angelika Lessnick von der Parkbühne Wuhlheide dies anschließend entschuldigt. Und der Chef des Ordnerdienstes hatte vorgeschlagen, an den Zugängen Bäume abzuholzen, um dem Eingangsbereich die Enge zu nehmen.

Weitere Auskünfte lehnte Lessnick auf Nachfrage ab: „Wir sind mitten im Aufbau für das nächste Konzert.“ Doch ist sie der Meinung, Gespräche mit der Denkmalpflege oder der Forstbehörde müsse man „nicht übers Knie brechen in der Saison“. Dem Vernehmen nach soll das Sicherheitskonzept noch einmal überprüft werden. Dazu treffen sich jährlich Vertreter der Polizei, der Feuerwehr und der Bauaufsicht. Wie berichtet, gehört das Gelände in der Wuhlheide zu den Berliner Forsten. Von dort war keine Stellungnahme zu erhalten.

In Berlin ist bei den ganz großen Veranstaltungen schon seit Jahren auf Sicherheit gesetzt worden. So war 2006 die zunächst im Spreebogen geplante WM-Fanmeile von der Polizei strikt abgelehnt worden, aus Angst vor Toten bei Gedränge. Diese fand dann auf der – paniksicheren – Straße des 17. Juni statt.

PRO

Umweltschutz in allen Ehren, aber an der Wuhlheide hilft nur eines: eine gut durchgeölte Kettensäge. Wie, so geht das nicht?

Na, so weitergehen darf es jedenfalls auch nicht. Weil ein paar Bäume direkt neben dem Haupteingang stehen und somit einen Ausbau des Tores verhindern, müssen sich die Menschen so sehr drängen und quetschen, dass selbst Sanitätern bei dem Anblick ganz mulmig wird („Wenn da jetzt einer umkippt …“). Geschehen bei einem Konzert vor einer Woche. 50 Minuten stehen die Fans an für lächerliche 20 Meter, vor einem schmalen Gittertor mit viel zu wenigen Eingängen. Hinten werden die Leute nervös, es wird überall geschoben, geschubst, Jugendliche recken die Köpfe in die Luft, um irgendwie Luft zu bekommen.

Vielleicht muss irgendwann ein Mädchen von seinem Vater aus dem Krankenhaus abgeholt werden. Den wird spätestens dann nicht mehr beruhigen, dass das Publikum bei den Klassikkonzerten, die er selbst besucht, weniger drängelt. Es geht ja auch anders: Olympiastadion und Waldbühne haben nicht nur mehr Zugänge, sondern auch einen Vorplatz. In der Wuhlheide gibt es nur einen dünnen Schlauch, links und rechts Bäume. Seit Jahren sind die ein Ärgernis, das berichten viele Tagesspiegel-Leser. Na dann: weg mit den Bäumen, den Zugang erweitern. Oder einfach die Wuhlheide schließen. Wäre aber schade drum. André Görke

CONTRA

Nach der Berliner Baumschutzverordnung ist es verboten, Bäume zu fällen. Das ist die Grundlage, der feste Grund, auf dem Millionen Bäume stehen, die das Leben in Berlin erträglicher machen. Als grüne Großstadt ist Berlin Weltspitze und für die Klimaveränderung gut gerüstet. Natürlich gibt es auch Kettensägenmassaker, wegen der Verkehrssicherheit, neuer Straßen und Häuser, wegen Pilzbefall oder Altersschwäche. Begründete Ausnahmen nennt man so etwas.

Kein hinreichender Grund, um zur Säge zu greifen, ist aber, dass Bühnenbetreiber mit einer drängelnden Menschenmenge nicht fertig werden. Sie könnten Gitter aufstellen, die die Schlange ordnen, oder Tickets ausgeben, die den Zugang auf ein bestimmtes Zeitfenster begrenzen.

Es braucht Fantasie, um Menschenmengen zu kanalisieren, nicht einfach einen vegetationsfreien Raum. Bäume zu fällen muss die Ausnahme bleiben, die Ultima Ratio. Schatten und Sauerstoff sind wertvoll, nicht zuletzt für schwitzende, aneinanderrempelnde Menschen. Bäume dämpfen auch den Lärm, den ein Konzert macht. Die Unesco schützt das Weltnaturerbe im gleichen Rang wie das Weltkulturerbe, ein alter Baum ist so viel wert wie ein denkmalgeschütztes Haus. Das würde auch niemand abreißen, nur weil es einer Menschenmenge im Weg steht. Thomas Loy

Sollen in der Wuhlheide Bäume gefällt werden? Sorgen Baumfällungen für mehr Sicherheit? Oder sind die Bäume zu schützen? Diskutieren Sie mit, liebe Leserin, lieber Leser, und nutzen Sie dafür die Kommentarfunktion weiter unten.

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