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Pro "Zweckentfremdungsverbot": Wohnraum, sonst Scheinwelt

Touristen kommen nach Berlin, um Leben zu erleben. Wenn sie unter sich sein wollen, fahren sie nach Paris oder gleich nach Disneyland. Was aber passiert, wenn auch Berlin ganze Viertel dem Fremdenverkehr überlässt? Berlin braucht die Berliner - in der Stadt.

So ein Angebot sucht man vergeblich: 83 Quadratmeter, 427 Euro Warmmiete, eine halbwegs ruhige Straße, nette Nachbarn, Graefekiez und Bergmannstraße in Kreuzberg um die Ecke: Was vor ein paar Jahren Realität für Mieter war, klingt heute wie eine Utopie oder ein Witz. Wer im Jahr 2011 nach so einer Wohnung sucht, wird ausgelacht.

Auf dem freien Wohnungsmarkt landen kaum noch bezahlbare Wohnungen in Kreuzberg und anderen zentralen Vierteln. In den 83 Quadratmetern an der Hasenheide und vielen anderen schönen Wohnungen schlafen inzwischen Touristen. Das bringt mehr ein, haben sich die Vermieter ausgerechnet. Normale Mieter haben das Nachsehen. Gegen diese Entwicklung muss der Senat dringend vorgehen. Letztlich schadet sie auch dem Tourismus. Besucher kommen nicht nur, um das Brandenburger Tor zu besichtigen. Sie möchten auch den Alltag in einer Stadt mit bunter Bevölkerungsmischung erleben. Wollten sie eine Scheinwelt, die nur von anderen Touristen bevölkert ist – dann würden sie nach Disneyland fahren oder vielleicht nach Paris. Dort wurden einzelne Stadtteile fast den Touristen überlassen. Normalverdiener und ärmere Menschen werden in die Vorstädte verdrängt.

Die Folge: Wer früher nach Paris fuhr, um buntes Stadtleben kennenzulernen, kommt heute nach Berlin. Vielleicht nicht mehr lange – falls man das Alltagsleben der Normalverdiener bald nur in Marzahn und Spandau findet.

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