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Lang ist's her. Als Rennstrecke wie hier 1997 wird die Avus schon lange nicht mehr benutzt. Für die denkmalgeschützte Tribüne gibt es aber große Pläne - mehr allerdings bisher auch nicht.

© picture alliance / dpa

Problem-Immobilien in Berlin: Wo Berlin sich seine Zukunft verbaut

1000 Mal berührt, 1000 Mal ist nichts passiert: Ob nun am Teufelsberg, an der Avus-Tribüne, am Kreisel oder Müggelturm. Es vergeht kein Jahr, in dem große Pläne verkündet wurden – und doch nichts passierte. Und jetzt?

Und wieder ist ein Jahr rum, und wieder ist nichts passiert an so vielen markanten Gebäuden der Stadt – trotz all der Pläne und Ideen von Architekten, Stadtplanern und Investoren. Doch Wunsch und Wirklichkeit klafften oft auseinander – ein Überblick.

AVUS-TRIBÜNEN

Abendliche Empfänge nach einer Messe, Häppchen und Drinks mit Blick auf die Stadtautobahn – die verkommenen Avus-Tribünen könnten als Veranstaltungsort neu belebt werden. So schwebt es Kay Kaden vor, Geschäftsführer der Avus Tribüne GmbH. Dem Unternehmen gehört die denkmalgeschützte Anlage seit sieben Jahren, passiert ist bisher allerdings: nichts. Das soll sich 2015 – jetzt aber wirklich! – ändern. Vergangenes Jahr habe sein Unternehmen die 1936 erbaute Anlage von Wildwuchs befreit und gegen Eindringlinge gesichert, erzählt Kaden. In Kürze soll ein Konzept erarbeitet werden, wie das Baudenkmal am Messegelände lukrativ genutzt werden kann. Mit der Messegesellschaft sei man schon „im Einvernehmen“. Zuerst soll das Dach repariert werden, dann der Rest der Anlage, geschätzte Kosten: eine Million Euro. Die Zuschauerränge sowie die darunterliegenden Räumlichkeiten sollen an Firmen vermietet werden, für Empfänge im Umfeld der Messe. Anfang 2015 will Kaden dazu mehr verraten – so ähnlich klang das allerdings vor einem Jahr auch schon.

MÜGGELTURM

Am Müggelturm soll es nach 20 Jahren Totentanz diesmal wieder eine lebendige Silvesterparty geben – allerdings nicht im Turm oder der Gaststätte zu seinen Füßen, sondern in zwei extra aufgebauten Zelten. Die Gebäude – der Turm ist sanierungsbedürftig, die Gaststätte fast ruinös – sind noch nicht so weit saniert, wie es sich Investor Matthias Große erhofft hatte. Der in Köpenick lebende und mit Eisschnellläuferin Claudia Pechstein liierte Große hatte das seit der Wende vor sich hingammelnde Objekt im Mai übernommen. Bald darauf sicherten Arbeiter die vandalenfreundlich im Wald gelegene, denkmalgeschützte Immobilie zumindest vor Wind und Wetter. Die für Pfingsten 2015 geplante Eröffnung ist aber nicht mehr realistisch. „Wir könnten viel mehr schaffen“, sagt Objektmanager Hartmut Lerz. „Aber die Behörden tun sich sehr schwer.“ Der Turm immerhin bleibt wie gewohnt jeden Tag zugänglich, Silvester sogar bis in die Nacht hinein. Bei klarem Wetter dürfte das ein Geheimtipp für Feuerwerksfreunde sein.

SPREEPARK

Mancher jüngere Zaungast könnte meinen, die Dinosaurierleichen im Plänterwald seien echt: Die Geschichte des einst größten Vergnügungsparks der DDR scheint eine unendliche zu werden. Nachdem die Finanzverwaltung die Zwangsversteigerung des Areals hatte platzen lassen, schlägt sich nun der landeseigene Liegenschaftsfonds damit herum – mit offenbar mäßigem Erfolg. Erst mal wolle man sich um die Zwischennutzung kümmern, sagte Fondschefin Birgit Möhring kürzlich. „Um eine Zwischennutzung hätte man sich schon vor mehr als zehn Jahren kümmern können“, sagt Christopher Flade. Er hat jahrelang Führungen über das verfallende Gelände angeboten – bis es im April zurück ans Land gegangen sei. Flade fühlt sich herausgedrängt und fürchtet, dass das Land den Verfall eher fördert als bremst. Der Liegenschaftsfonds setzt zunächst auf die Abwehr unmittelbarer Gefahren, etwa die Sicherung des einsturzgefährdeten Riesenrades. Vier Millionen Euro soll das kosten. Die laut Fonds zahlreichen Interessenten für das Gelände müssen sich weiter gedulden. Die Zwischennutzung dauert wohl mindestens ein Saurierleben lang.

PANKOWER TOR

„Möbelunternehmer baut Sozialwohnungen“ lautete die Schlagzeile im Tagesspiegel – vor einem Jahr. 750 Wohnungen sollten in Pankow auf dem Areal des einstigen Güterbahnhofs Pankow entstehen, Bauherr ist der Chef der Möbelhauskette Höffner, Kurt Krieger. Mit dem hatte sich der Senat damals auf einen Deal geeinigt, demzufolge ein Drittel der Wohnungen auf dem 33 Hektar große Gelände zum günstigen Mietpreis von 5,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden sollten. Im Gegenzug sollten ein Einkaufszentrum und zwei Möbelmärkte genehmigt werden. Und was ist passiert? „Das knetet vor sich hin“, sagt Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Nach seinen Worten sperrt sich der Senat dagegen, die Flächennutzungs- und Stadtentwicklungspläne wie vereinbart zu ändern, da man meint, die Stadt vertrage nicht noch ein Einkaufszentrum. Kirchner sieht die Schuld zum Teil beim Investor, der nicht flexibel genug sei, um von seinem „Dinosauriermodell“ Abstand zu nehmen. Zugleich kritisiert der Stadtrat den jetzigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der sich erst auf einen Deal eingelassen habe und nun davon nichts mehr wissen wolle. Investor Krieger werde von den Senatsverwaltungen „behandelt wie ein kleiner Würstchenverkäufer“, sagt Kirchner.

Und woran hakt's beim ICC, auf dem Teufelsberg und in Weißensee?

Lang ist's her. Als Rennstrecke wie hier 1997 wird die Avus schon lange nicht mehr benutzt. Für die denkmalgeschützte Tribüne gibt es aber große Pläne - mehr allerdings bisher auch nicht.
Lang ist's her. Als Rennstrecke wie hier 1997 wird die Avus schon lange nicht mehr benutzt. Für die denkmalgeschützte Tribüne gibt es aber große Pläne - mehr allerdings bisher auch nicht.

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KRANKENHAUS WEISSENSEE

„Spätestens Anfang 2014 geht es los“ – so lautete vor eineinhalb Jahren die Ankündigung der Eigentümer des ehemaligen Kinderkrankenhauses Weißensee, eines mehr als 100 Jahre alten und sehr heruntergekommenen Gebäudeensembles samt 28.000-Quadratmeter-Gelände. Getan wurde seitdem nichts, wie Pankows Baustadtrat Kirchner beklagt. Im Gegenteil: Durch Brandstiftungen sind die Gebäude inzwischen so stark beschädigt, dass eine Sanierung immer unwahrscheinlicher wird. Kirchner vermutet, dass die Eigentümer des Grundstücks auf „spekulativen Verfall“ setzen – was diese zurückweisen. Ursprünglich war in dem denkmalgeschützten Ensemble ein Gesundheitszentrum geplant. Weil daraus offenbar nichts wird, versucht der Liegenschaftsfonds seit zwei Jahren, das Areal zurückzubekommen – bislang vergebens.

STEGLITZER KREISEL

Seit sieben Jahren steht er leer, der Steglitzer Kreisel, der am südlichen Ende der Schlossstraße 118 Meter hoch aufragt. Alle Pläne, das Hochhaus nach der dringend notwendigen Asbestsanierung an einen privaten Investor zu verkaufen, zerschlugen sich bisher. Zwar wurde das Sockelgeschoss inklusive Parkhaus vom Miteigentümer des Kreisels, dem Unternehmen Becker & Kries, inzwischen an den mittelständischen Projektentwickler CG Immobilien Gruppe verkauft. Aber die Finanzverwaltung des Senats verweigerte bisher – als Vertreterin des Landes Berlin – ihre Zustimmung zum Kaufvertrag. Die CG Gruppe will auch den Turm kaufen und zu einem schicken Wohnhochhaus umbauen, aber der landeseigene Liegenschaftsfonds schrieb im September den 34-geschossigen Kreisel überraschend neu aus. Am 24. November sollte darüber entschieden werden, aber dann wurde die Frist zur Abgabe von Angeboten auf Januar 2015 verlängert. Insider glauben, dass die CG Gruppe von der Finanzverwaltung aus dem Rennen geworfen werden sollte, als Ulrich Nußbaum noch Senator war. Aber das bundesweit agierende Unternehmen ist hartnäckig, und weitere Kaufinteressenten wurden bisher nicht publik.

TEUFELSBERG

Berlin will die einstige Abhörstation der Alliierten zurückkaufen. Doch der Preis ist umstritten – und die zukünftige Nutzung der Anlage auch. Das Land sieht realistische Chancen für die erhoffte öffentliche Nutzung mit einem Café, einer Aussichtsplattform und einem Museum nur, wenn das privatisierte, aber weitgehend ungenutzte Areal wieder Landesbesitz übergeht. Die Eigentümer wollen jedoch nicht verkaufen – oder nur für einen hohen Preis. Die Rede ist von 15 Millionen Euro oder mehr – für ein 4,7 Hektar großes Areal, das nach Schätzungen aus der Politik höchstens zwei bis drei Millionen Wert ist. Senat und Parlament hatten das legendäre Gelände vor einigen Jahren zum Waldgebiet erklärt, nachdem Bauprojekte gescheitert waren. Seitdem sind Neubauten unzulässig.

INTERNATIONALES CONGRESS CENTRUM

Seit mehr als 15 Jahren macht sich die Berliner Politik Gedanken über die Zukunft des ICC. Senatsbeschlüsse und Gutachten wurden in Serie produziert. Mit dem Ergebnis, dass das mehrfach preisgekrönte und weltbekannte Kongressgebäude im Sommer 2014 dicht gemacht wurde, weil es nicht mehr betriebstauglich und mit Schadstoffen belastet ist. Vor zwei Jahren beschloss der Senat, seinen finanziellen Beitrag zur Sanierung des ICC bei 200 Millionen Euro zu deckeln und private Investoren einzubinden, um das Gebäude zu retten. Anfang 2014 sollte dafür ein Konzept vorliegen. Seit August gibt es immerhin ein neues Gutachten, in dem die teilweise Entkernung des ICC und dessen künftige Nutzung als Shopping-Center vorgeschlagen wird. Die CDU könnte sich damit wohl anfreunden, in der SPD gibt es breiten Widerstand gegen diese Idee. Es ist derzeit völlig offen, ob, wann und wie sich die rot-schwarze Koalition einigen wird.

KU’DAMM-KARREE

Nach dem Verkauf des Ku’damm-Karrees durch das irische Unternehmen Ballymore an den Münchener Investor Cells Bauwelt GmbH weiß niemand, was der neue Eigentümer vorhat. Das bisher diskutierte Konzept des Architekten David Chipperfield gilt als unwirtschaftlich. Anfang 2015 tritt der Eigentümerwechsel in Kraft – in Kürze dürfte man mehr erfahren. Cells plant nach eigener Auskunft, das Objekt für seine Investoren „bis 2020 umfangreich umzubauen und zu renovieren“. Ziel sei „ein architektonisch hochwertiges, innerstädtisches und multifunktionales Gebäudeensemble in exzellenter Berliner Lage zu entwickeln, das höchsten Ansprüchen gerecht wird“.

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