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Berlin: Prof. Humoris Causa oder Die Bürde der Witzigkeit Loriot erklärt bei seiner Antrittsvorlesung, wie man Humor fertigt

Loriot läuft mit jugendlichem Schwung in Richtung Bühne. Die Bügel seiner Lesebrille klemmen außergewöhnlich hoch über den Ohren.

Loriot läuft mit jugendlichem Schwung in Richtung Bühne. Die Bügel seiner Lesebrille klemmen außergewöhnlich hoch über den Ohren. Kurz vor Erreichen der Tisch-Stuhl-Kombination in der Bühnenmitte (mit Wasserkaraffe und Sitzkissen) dreht sich der 80-Jährige zum Publikum, deutet eine Verneigung an, setzt sich und schlägt die Beine übereinander. Von Komik keine Spur. Später wird der Altmeister deutschen Humors die traurige Mitteilung machen, dass ihm Witze eigentlich gar nicht liegen. In Gesellschaft sei er selten witzig, und das Witzeerzählen sei auch nicht seine Sache. „Das ist sehr merkwürdig.“ Nachdenklich wirkt Loriot an diesem Abend, ein wenig melancholisch, beseelt von der „künstlerischen Sehnsucht“, die seiner Familie zu eigen war.

„Werter Professor…“, beginnt Andreas Wirth, Dekan der Fakultät Darstellende Kunst, seine Ansprache zur Loriot-Vorlesung im Theatersaal der Universität der Künste. Im Auditorium sind die ersten Kicherer zu vernehmen, doch (Honorar-) Professor Loriot ruht in stoischer Gelassenheit in sich selbst.

Wirth erzählt vom Loriot-Seminar am vergangenen Montag, über die „Verfertigung der Komik“ in der „Leichtigkeit des Unaufwendigen“. Wie bitte? Leichtigkeit? Unaufwendig? Die Komik bestehe aus Disziplin, Genauigkeit, Timing, Betonung und Sprachrhythmus, sagt Loriot. Das Verfertigen derselben sei ein „zäher, widerborstiger Prozess“. Und: „Die Komik ist von Natur aus kalt.“ Loriot lässt durchscheinen, dass ihm das Schicksal des Komikers nicht immer Freude bereitet hat. Das Anrührende in Musik und Oper – wenn man „tränenblind“ aus der Vorstellung kommt – das hätte ihm vielleicht besser gefallen. Aber ein preußischer Adelsspross leidet klaglos, wie es seiner Erziehung entspricht.

Das Publikum – es sind sehr alte und sehr junge Menschen gekommen – interessiert vor allem, ob Loriot noch einen dritten Film macht und ob er mal wieder die Aids-Gala moderiert. Kokett erteilt der so Gefragte Absagen. „Ich bin von Natur aus faul – was natürlich nur begrenzt stimmt.“ Als einer der jüngeren Fans fragt, warum er denn Loriot heiße, wird der Professor doch ein wenig unduldsam – man könnte auch sagen, er verliert kurz seinen Humor. „Das steht doch wöchentlich in den Zeitungen“, sagt er. Aber bitte, er erzähle die Geschichte gerne noch einmal. Das Familienwappen schmücke ein Vogel, der Pirol. Sein französischer Name ist Loriot. Deutsch heißt der Vogel Bülow.

Loriot ist wie immer perfekt vorbereitet. Kaum ein Versprecher, alle Betonungen sitzen. Er zeigt Ausschnitte aus „Pappa ante Portas“ und kürzere Sketche mit Evelyn Hamann und Heinz Meier. Hamann und Meier belegt er mit Lob, seine eigene Schauspielerei beurteilt er dagegen kritisch. Sehr selbstlos und distanziert analysiert Professor Loriot die unterschiedlichen Formen und Bedingungen seines Humors. Er bedaure, dass die Komik immer populärer werde, sagt er. Über das ständige Variieren der immer gleichen Machart kann Loriot einfach nicht mehr lachen.

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