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Projekt in Friedrichshain: Touristen sollen für Kita zahlen

Unten spielen die Kinder, oben schlafen die Gäste: Bei einem ungewöhnlichen Projekt in Friedrichshain sind sich Planer und Bezirk eigentlich einig. Trotzdem fehlt noch die Genehmigung.

Andreas Roediger hat sich an die Anrufe gewöhnt. Verzweifelte Eltern, die einen Kindergartenplatz in Friedrichshain suchen. Jede Woche muss er ein oder zwei junge Paare enttäuschen. Nein, der Kindergarten wird immer noch nicht gebaut, erklärt er ihnen. Anschließend reden sich Eltern und Planer die Wut von der Seele, dann legen sie auf. Seit mehr als einem Jahr ist das so.

Schick soll der Bau sein und dabei noch Energie sparen. Modern und kinderfreundlich ist er geplant, sechs Stockwerke hoch samt Bastelwerkstatt und großem Spielplatz – ein Kindergartn, privat finanziert und abbezahlt von Touristen. Andreas Roediger gerät ins Schwärmen, wenn er über sein Projekt spricht. Was auf seinem Laptop im Moment wie sechs übereinander gestapelte Bauklötze aussieht, soll später einmal die einzelnen Geschosse des Hauses bilden. Unten spielen die Kinder und in den drei oberen Etagen übernachten die zahlungskräftigen Urlauber. So könnte sie aussehen, die Kita, die zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt und den Bezirk nichts kostet. Doch noch ist davon nicht mehr zu sehen als die Pläne im Computer. An der Rüdersdorfer Straße 64, wo der Kindergarten gegenüber dem Comeniusplatz geplant ist, wiegen sich wild gewachsene Robinien im Wind. Auf dem knapp 1000 Quadratmeter großen Grundstück zwischen Aldi-Supermarkt und Dathe-Gymnasium führen Anwohner ihre Hunde aus. Von Bauarbeiten keine Spur, denn Roediger steckt mit seinem Projekt in einer bürokratischen Tretmühle. „Mir werden permanent Steine in den Weg gelegt“, sagt er. Nur drei statt der geplanten sechs Stockwerke hat das Bezirksamt dem Planer genehmigt. „Das rechnet sich nicht“, sagt Roediger. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) verweist auf das Planungsrecht. Gegen eine Kita an dieser Stelle spreche nichts. Der Bezirk benötige die Betreuungsplätze, deshalb habe man drei Etagen genehmigt. Mehr aber gebe der Bebauungsplan für das Gebiet nicht her, für Roedigers Sechs-Etagen-Bau müsste der Plan überarbeitet werden. Das dauert mindestens ein Jahr. „Noch hat uns der Planer nicht signalisiert, dass er das wünscht“, sagt Schulz. Der Bezirk würde die Kosten für das Verfahren tragen und sofort mit den Arbeiten starten. Sofort starten? „Natürlich will ich, dass der Bebauungsplan geändert wird“, sagt Roediger. Seit über einem Jahr warte er, dass die bürokratische Mühle endlich in Fahrt komme. Dabei könnte aus Roedigers Sicht alles viel einfacher sein: Für den Bau eines Supermarkts nebenan habe der Bezirk sehr schnell eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Das sei auch für seine Kita möglich. Ein Gutachten von Baufachanwälten bestätigt ihm das. Es sei zum Verzweifeln, sagt Roediger. Vor Gericht will der Planer aber vorerst nicht ziehen. Lieber versucht er, weiter zu überzeugen: Mitten in Berlins Szeneviertel könnten Kunst- und Kulturschaffende über der Kita übernachten und so den Bau refinanzieren . Auch eine Kunstgalerie und ein Werkraum sollen im Haus unterkommen. 120 neue Kita-Plätze gäbe es. „Ich möchte etwas Gutes für die Stadt tun“, sagt Roediger. Jetzt und nicht erst in einigen Jahren.

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