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Berlin: Prominente: Nasebohren mit Harald Schmidt

Ihr armen Promis! Keinen Schritt könnt ihr machen, ohne dass euch nicht irgendjemand auf die Pelle rückt.

Ihr armen Promis! Keinen Schritt könnt ihr machen, ohne dass euch nicht irgendjemand auf die Pelle rückt. Und jetzt auch noch das: Im Internet sammeln sich hunderte Geschichten von zufälligen Begegnungen mit prominenten Menschen, aufgeschrieben von Menschen, die in aller Regel nicht prominent sind. Und deswegen so unerkannt bleiben, wie es sich Profis in dem Metier manchmal wünschen. Deswegen wird der Tummelplatz im Netz "Wir höfliche Paparazzi" genannt, zwei Termini die sich eigentlich ausschließen. Denn professionelle Paparazzi werden bezahlt, um aufdringlich zu sein. Ihr Image ist vollends verdorben, seit sie mit dem Tod von Prinzessin Diana in Verbindung gebracht wurden.

In Berlin sind Paparazzi theaterfähig geworden. Immerhin ins Foyer der Kammerspiele vom Deutschen Theater dürfen sie hinein, zumindest die höflichen von ihnen, also Menschen wie du und ich. Und da sitzen sie, zu später Stunde, in einer seit langem ausverkauften Vorstellung, vier Schauspieler, die die Texte aus dem Internet rezitieren. Die Zuschauer lauschen andächtig. Zum Beispiel über die Beobachtung, wie Harald Schmidt, in einem Mietwagen sitzend, während eines Staus auf dem Kölner Ring, sorgsam in seiner Nase bohrt. Nicht mit irgendeinem Finger, nein, mit dem kleinen. Damit komme man am besten zurecht, sagt einer, aber die Finger haben doch viel zu wenig Gefühl, sagt die andere. Netz-Gespräche, die sich beim Chat bisweilen ins Absurde steigern.

Niemand weiß natürlich, ob die Geschichten wirklich stimmen. So kann auch Initiator Christian Ankowitsch nicht sagen, ob die Begegnung mit Robert de Niro im Central Park von New York tatsächlich stattgefunden hat. Auch die Frage, ob Ireen Sheer nun eine Gebissprothese trägt oder nicht, bleibt unbeantwortet. Nur bei einer Frage kommen die Zuhörer, Leser oder auch Autoren der "höflichen Paparazzi" einer Antwort sehr nahe, der Frage nämlich, warum uns alle diese Geschichten interessieren, auch wenn wir vorgeben, dass sie uns einerlei sind, und wir nie und nimmer Bunte oder Gala lesen würden: "Der Prominente entsteht aus dem übereinstimmenden Bedürfnis nach kollektiver Selbsthypnose".

Eine neue, viel versprechende Reihe ist geboren. Sie könnte Kultcharakter bekommen. Wiederholung des ersten Abends noch im Oktober, Fortsetzung im November.

oew

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