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Ost-West-Achse - Autos, wohin man guckt.

© Michael Kappeler/dpa

Unfälle und ÖPNV in Berlin: Greenpeace protestiert in Kreuzberg gegen Verkehrsbedingungen

Viele Unfälle, hohe Kosten für den öffentlichen Nahverkehr. Ab 10 Uhr will Greenpeace auf die schwierige Situation in Berlin darauf aufmerksam machen.

Greenpeace hat die Verkehrsverhältnisse der größten Städte in 13 europäischen Staaten untersuchen lassen. Das Ergebnis für Berlin ist so ausgefallen, dass die Umweltorganisation an diesem Dienstag mit einer eigenwilligen Aktion darauf aufmerksam machen will: Ab etwa 10 Uhr wollen 60 Aktivisten mit 30 „Gehzeugen“ durch die Oranienstraße ziehen, einmal vom Moritz- zum Mariannenplatz. Das verspricht eindrückliche Fotos und ordentlich Stau rings um die Strecke durch Kreuzberg, die seit einer Bürgerbefragung durch den Senat von 2013 als „Radfahrerhölle“ berüchtigt ist. „Gehzeuge“ sind nämlich Holzgestelle zum Umhängen, die etwa die Maße eines Autos haben und den enormen Platzverbrauch selbiger illustrieren sollen.

In der Vergleichsstudie, die das renommierte Wuppertal Institut für Greenpeace angefertigt hat und die dem Tagesspiegel vorliegt, kommt Berlin auch wegen der fragwürdigen Verteilung des Verkehrsraums nur auf den zehnten Platz von 13 Kandidaten. Hinter der deutschen Hauptstadt landen nur London, Moskau und Rom. Dagegen gehen die ersten drei Plätze einmal mehr an Kopenhagen, Amsterdam und Oslo. Die verdanken ihre Spitzenposition vor allem der Verkehrssicherheit. So kommen in Amsterdam – wo der Anteil des Fußverkehrs mit 31 Prozent genauso hoch liegt wie in Berlin – nur vier Fußgängerunfälle auf 10.000 per pedes zurückgelegte Wege. Dieselbe Quote ergibt sich in Kopenhagen. In Oslo sind es sechs, während in Berlin 22 Fußgänger pro 10.000 Wege verunglücken.

Radfahrer leben gefährlich in Berlin

Noch schlechter schneidet Berlin bei der Sicherheit des Radverkehrs ab: Pro eine Million Radfahrten ereignen sich 14,3 Unfälle. Berlin belegt somit den drittletzten Platz vor Brüssel und London. Im Gesamtvergleich liegt Berlin beim Kapitel Sicherheit auf dem elften Rang. Bei der Luftqualität, für die Jahresbelastungen mit den Hauptschadstoffen Stickstoffdioxid und Feinstaub verglichen wurden, kommt Berlin auf den achten Platz. Oslo gewinnt vor Wien, Moskau landet weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Am überraschendsten scheint der vorletzte Platz, den Berlin beim öffentlichen Nahverkehr erreicht. Mit 27 Prozent Verkehrsanteil liegen Bus und Bahn in Berlin eher im unteren Bereich, wobei die Spanne von 49 Prozent in Moskau bis zu 19 Prozent in Amsterdam reicht. Bei der Dichte des Netzes schafft es Berlin mit 9,2 Stationen pro Quadratkilometer ins vordere Mittelfeld. Was die Stadt im Greenpeace-Ranking beim Thema ÖPNV auf den vorletzten Platz zurückwirft, sind die Preise: Die 2,80 Euro für den Einzelfahrschein (Tarif AB) entsprechen laut der Studie 39 Prozent der Kosten, die der Durchschnittsberliner pro Tag für seine Ernährung ausgeben muss. Nur in London sei das Verhältnis mit 89 Prozent fürs Ticket noch viel ungünstiger. Am besten schneidet – das in der allgemeinen Lebenshaltung relativ teure – Zürich ab, wo ein ÖPNV-Ticket nur elf Prozent der täglichen Lebensmittelkosten ausmacht und die Menschen offenbar besonders gern Bus und Bahn fahren: 1193 Trips pro Einwohner und Jahr sind klarer Rekord. Berlin kommt auf 322.

Wer es dagegen gut hat in Berlin, sind aus Sicht von Greenpeace die Autofahrer: ein bis drei Euro Parkgebühr pro Stunde, Anwohnervignetten für gut zehn Euro im Jahr und viele kostenlose Stellplätze – so autofreundlich sind nicht mehr viele Großstädte in Europa.

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