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Berlin: Protest gegen den Drogenknast

Lichtenrade ist beunruhigt von Plänen der Justizverwaltung, ein Gefängnis für Rauschgifttäter anzusiedeln

Anita Jansen fürchtet um ihre Sicherheit: „Wir sitzen hier auf einem Pulverfass.“ Sie wohnt mit ihrem Mann nur wenige Hundert Meter entfernt vom Kieferngrund in Lichtenrade, wo im kommenden Herbst ein Gefängnis für Drogenstraftäter eingerichtet werden soll: Die Justizverwaltung plant, die bestehende Einrichtung von Plötzensee nach Lichtenrade zu verlegen. Justizsenatorin von der Aue (SPD) begründet diese Maßnahme mit einer besseren Wirtschaftlichkeit. Die Lichtenrader befürchten nun, dass Kriminalität und Drogendelikte schleichend Einzug in ihr bürgerliches Quartier halten.

Zwar war man auch über die bisher ansässige Haft- und Arrestanstalt für Jugendliche nie glücklich. Doch nun erwartet nicht nur Anita Jansen eine ganz neue Qualität der Belastung: „Bisher waren das ja immer noch Jugendliche. Aber die Leute, um die es in Zukunft geht, sind drogenabhängig und unberechenbar. Lichtenrade war immer so eine schöne, grüne Ecke. Wenn es so weitergeht, ist der Wohnwert irgendwann gleich null.“ Justizpressesprecher Michael Kanert versucht die Bedenken der Anwohner zu zerstreuen und verweist auf die ausgereiften Sicherheitsmaßnahmen: „Die Inhaftierten befinden sich im geschlossenen Vollzug. Lockerungen werden speziell für solche Inhaftierten nur im Ausnahmefall bewilligt. Grundvoraussetzung ist absolute Drogenfreiheit. Für die Anwohner in Lichtenrade entsteht deshalb keine zusätzliche Gefahr.“

Der Tempelhof-Schöneberger Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak (CDU) bezweifelt das. Er erinnert daran, dass es bei der Einrichtung an erster Stelle um Resozialisierung von Jugendlichen geht: „Da gehören Ausgang und Urlaub nun mal dazu. Und wenn diese Leute dann zur S-Bahn gehen, kommen sie zwangsläufig vorbei an Einfamilienhäusern und Kindertagesstätten.“ Kritisch bewertet auch Dieter Dreher, der 35 Jahre in der Arrestanstalt im Kieferngrund arbeitete, das Vorhaben. Er sieht vor allem in den Besuchern der Drogenabteilung eine Gefährdung. Dabei geht es ihm neben etwaigen Drogenhandel vor allem um die Lautstärke: „Die Probleme haben wir ja jetzt schon mit der U-Haft. Die sitzen in den Bäumen und brüllen über die Mauer.“ Nur: Bei der Untersuchungshaft gibt es deutlich weniger Besucher als in einer regulären Haftanstalt. Der Vizechef der Gewerkschaft Strafvollzug, Thomas Bestmann, beschreibt das so: „ In Zukunft sind hier Gruppen zu erwarten von 25, 30 Besuchern auf einen Schlag. Nicht kleckerweise mal zwei oder drei.“

Justizsenatorin von der Aue bekräftigt hingegen, dass die Baumaßnahmen sich an den Interessen der Anwohner orientierten. In Zukunft sei sogar „eine Entlastung der Anwohner etwa von Lärm“ zu erwarten. Die Menschen in Lichtenrade bleiben dennoch skeptisch, denn sie fühlen sich ohnehin ungerecht behandelt. Zuletzt hatten die Fluglärmdebatte und der Ausbau der Bundesstraße B 96 für erheblichen Unmut gesorgt. Ein weiterer Aufreger ist wohl vom Tisch: Die diskutierte Ansiedlung eines Asylbewerberheims sei „nicht genehmigungsfähig“, so Baustadtrat Bernd Krömer (CDU). Ferdinand Dyck

Ferdinand Dyck

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