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Berlin: Protestieren ohne zu streiten PDS ruft zur Demonstration auf Sozialdemokraten schweigen

„Jede Schuftigkeit nennt sich heute Reform: Rentenreform, Bildungsreform, Gesundheitsreform, Bundeswehrreform, Reform des Arbeitsmarktes, Steuerreform . .

Von Sabine Beikler

„Jede Schuftigkeit nennt sich heute Reform: Rentenreform, Bildungsreform, Gesundheitsreform, Bundeswehrreform, Reform des Arbeitsmarktes, Steuerreform . . .“ Markige Sätze, mit denen der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky die Genossen zu den Großdemonstrationen am Sonnabend mobilisieren will. Auch die Berliner PDS ruft über ihre Bezirksverbände zur Teilnahme an den „Demonstrationen gegen die Zerstörung des Sozialstaates“ auf. Als Auftakt organisierten die Sozialisten schon am gestrigen Freitag einen Aktionstag gegen den Sozialabbau und sammelten an zwei Dutzend Informations-Ständen in den Bezirken Unterschriften gegen die Anfang Januar eingeführte Praxis-Gebühr.

Während die PDS mobilisiert, verhält sich die SPD zurückhaltend. „Es ist das gute Recht der Gewerkschaften zu demonstrieren“, sagt SPD-Landesgeschäftsführer Ralf Wieland. Und das gelte natürlich auch für die PDS. Der Koalitionspartner „darf“ problemlos mitdemonstrieren, „weil die PDS ja auch auf Bundesebene kein Koalitionspartner ist“. Und außerdem, gibt Christian Gaebler, Fraktions-Geschäftsführer der SPD, freimütig zu, „wird der eine oder andere Berliner Sozialdemokrat auch zur Demo gehen.“ Gaebler selbst, der zu den SPD-Linken zählt, geht nicht mitdemonstrieren: Er ist im Osterurlaub.

Dass die Sozialdemokraten sich so ruhig verhalten, beobachten die Sozialisten mit einer gewissen Häme: Die Berliner SPD könne ja wohl schlecht gegen ihre eigene Bundesregierung auf die Straße gehen, frotzeln PDS- Mitglieder. „Aber gerade durch bundespolitische Maßnahmen wie zum Beispiel die Steuerreform haben wir ein Einnahme-Defizit im Landeshaushalt“, sagt der stellvertretende PDS-Landeschef Klaus Lederer. „Hausgemachte“ Probleme des Landes wie zum Beispiel die Zuschüsse oder die Risikovorsorge für die Bankgesellschaft, für die jährlich im Haushalt 300 Millionen Euro eingestellt sind, würden nur einen „Bruchteil“ des 51-Milliarden-Euro-Schuldenbergs des Landes ausmachen, meint Lederer.

Aus dem PDS-Aufruf resultieren also keine Koalitionsquerelen. Es werde ja gegen Sozialabbau und nicht gegen Landespolitik demonstriert, sagt PDS-Parteichef Stefan Liebich. „Und im Gegensatz zum Bund machen wir in Berlin eine sozial verträgliche Politik mit einem hohen Maß an sozialer Staffelung wie zum Beispiel bei der Erhöhung der Kita-Gebühren.“ Die Parteibasis hatte die Entscheidung für höhere Kita-Gebühren allerdings nur schweren Herzens mitgetragen. Und ob sie jetzt die Einführung von Studienkonten „sozial verträglich“ findet, wird man am Sonntag auf dem Parteitag sehen.

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