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Berlin: „Provision“ für Sozialhilfe-Betrug

Ehepaar teilte zu Unrecht kassierte Stütze mit dem Amtsmitarbeiter / Bewährungsstrafen

Als die Nöte mit dem Geld nach einer gescheiterten Selbstständigkeit immer größer wurden, bekam Familie B. ein unerwartetes Angebot. Ein Nachbar meinte, er könnte ab und zu zusätzlich „was zahlen“. Der Mann war damals leitender Mitarbeiter des Sozialamtes Wedding. Klaus und Ilse B. griffen nach dem Strohhalm. Zwei Jahre lang kassierten sie zu viel Sozialhilfe, insgesamt etwa 23 000 Euro. Von dem illegal abgezweigten Betrag blieb die Hälfte bei ihnen, den Rest bekam der Nachbar. Wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue wurden die Eheleute gestern zu Bewährungsstrafen von 22 und 20 Monaten verurteilt.

„Wir hatten Schulden beim Finanzamt, wir haben nur noch zugesehen, dass wir nicht ganz unten landen", sagte Ilse B. im Prozess. „Wie einfach das war – eigentlich unvorstellbar.“ Sie habe sich erst auch nichts dabei gedacht: „Wir haben nur das Geld gesehen." Nach einer Weile aber habe sie sich nicht mehr wohl gefühlt, meinte die 49-Jährige. Neben der üblichen Sozialhilfe für eine Familie mit drei Kindern bekam Familie B. fast monatlich diese Summe noch einmal ausgezahlt. Dafür hatte Torsten A. gesorgt. „Die Hälfte bekam Herr A.“, sagte die Angeklagte. Ihr Mann, der nach einer Pleite mit einer Baufirma lange keine Arbeit fand, bestätigte das.

Torsten A. war damals Beratungsstellenleiter. Er hatte nicht nur Familie B. in den Schwindel hineingezogen. Stets waren es Sozialhilfeempfänger, die wie die Angeklagten auf einem Schuldenberg saßen. Herausgekommen ist die Sache, weil A. sich schließlich der Polizei stellte. Insgesamt soll sich der Schaden auf etwa 250 000 Euro belaufen. A. wurde schon früher wegen Bestechlichkeit und Untreue zu drei Jahren Haft verurteilt. Er verlor seine Arbeit und seine Pension.

Ilse und Klaus B. sind nun dabei, ihr Leben neu zu ordnen. Sie zogen in eine sehr preiswerte Wohnung mit Ofenheizung, und es gelang ihnen, Arbeit zu finden. Sie ist als Reinigungskraft angestellt, er als Maurer. Die zu viel erhaltene Sozialhilfe müssen sie zurückzahlen. Das Gericht sorgte mit einer Bewährungsauflage für sofortigen Beginn: monatlich soll das Ehepaar 150 Euro an das Sozialamt Wedding zahlen. Kerstin Gehrke

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