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Berlin: Prozess ausgesetzt – Kirchenstörer bleibt frei Gericht hatte für Roy zu wenig Zeit eingeplant

Gerichtssaal trifft es nicht ganz: „D 107“ ist eigentlich nur ein Raum, zwei kurze Bänke für die Zuschauer, ein Tisch für die Rechtsanwälte, davor die Richterbank. Andreas Roy brüllt dennoch, auf 14 eng bedruckten Seiten geht es um Verdammnis, den Heiligen Geist, die Auserwählten, den Römerbrief, das Sündopfer… Die Richterin seufzt: „Geht’s ein bisschen leiser?

Gerichtssaal trifft es nicht ganz: „D 107“ ist eigentlich nur ein Raum, zwei kurze Bänke für die Zuschauer, ein Tisch für die Rechtsanwälte, davor die Richterbank. Andreas Roy brüllt dennoch, auf 14 eng bedruckten Seiten geht es um Verdammnis, den Heiligen Geist, die Auserwählten, den Römerbrief, das Sündopfer… Die Richterin seufzt: „Geht’s ein bisschen leiser? Ich krieg’ sonst echt Kopfschmerzen.“ Roy (45) sagt: „Wenn ick dit woanders vortrage, werd’ ick immer rausgeschmissen.“

Da geht es dem Kirchenstörer im Amtsgericht Tiergarten auch nicht viel anders: Nach der vierten Seite ist die Richterin mit ihrer Geduld am Ende, sie will „zur Sache“ kommen und untersagt die Verlesung weiterer Bibelzitate – was wiederum Roys Verteidiger aus dem Sitz katapultiert: Rüge! Einspruch! Befangenheitsantrag! Nach zwei quälenden Stunden wird der fünfte Prozess gegen Roy und seinen Kumpanen Christian Arnhold ausgesetzt, auf unbestimmte Zeit verschoben.

Aus Sicht der beiden Querulanten dürfte es sich beim gestrigen Dienstag um einen durch und durch erfüllten Tag handeln: Schon morgens erregt Roy vor dem Gericht Aufsehen, als er rotlackierte Puppenköpfe, -beine und -leiber auf dem Gehweg verstreut und ein Holzkreuz aufstellt: „Tut Buße“, steht darauf und: „Kehrt um!“ Nachdem die Polizei eine Anzeige geschrieben hat, stellt sich Roy erst einmal den Kameras, dann gesellt er sich zu Arnhold auf die Anklagebank: „Ich bin hier, weil meine Wahrheit nicht gerne gehört wird“, verkündet Roy.

Es findet sich kaum noch jemand, der Roy da widersprechen wollte. Seit Jahren stören die Sozialhilfeempfänger Gottesdienste und Trauerfeiern, Roy kappte auf dem Breitscheidplatz den Weihnachtsbaum und randalierte bei „Wetten, dass..“ Um insgesamt fünf Vorfälle und eine zerbrochene Hostienschale sollte es beim fünften Prozess gehen, doch die Taktik der Verteidigung sprengt den Terminplan des Gerichts – was für Roy einen weiteren Aufschub bedeutet. Denn nach der letzten Bewährung wäre ihm eine Gefängnisstrafe am Dienstag fast sicher gewesen. Seinen Kumpan geleiteten die Wachmänner aus dem Saal. Arnhold verbüßt bereits seit Oktober eine Haft in der JVA Charlottenburg. Wegen Störung der Religionsausübung.

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