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Berlin: Prozess gegen den „Präsidenten“ geplatzt

Richter wegen Befangenheit abgelehnt. Drogenverfahren muss neu beginnen

Das Aus nach vier Monaten: Der Drogenhändler-Prozess gegen den mutmaßlichen Bandenchef Mahmoud Al-Z., auch „Präsident“ genannt, und gegen neun Mitangeklagte ist gestern geplatzt. Er scheiterte am Verhalten der zuständigen Berufsrichter. Sie wurden von mehreren Angeklagten, darunter der „Präsident“, wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zu Recht, entschied nun eine andere Kammer des Landgerichts. Es sei nicht ausgeschlossen, dass „die Grenzen zulässiger Abspracheinhalte überschritten“ worden seien.

Hintergrund sind Gespräche der drei Berufsrichter mit den Verteidigern einer 34-Jährigen und ihres ebenfalls angeklagten Verlobten außerhalb der Verhandlung. Die Frau und der inhaftierte Mann sollen Autos vermietet haben, die für Drogenlieferungen genutzt worden seien. Anfang Mai fand dann das „Sondierungsgespräch“ statt. Die Richter sollen bei Geständnissen eine Bewährungsstrafe für die Frau und Haftverschonung für ihren Verlobten in Aussicht gestellt haben.

Eine Verknüpfung, die für Aufruhr sorgte. „Die Haftverschonung wurde davon abhängig gemacht, ob meine Mandantin ein Geständnis ablegt“, sagte Rechtsanwältin Ulrike Zecher. Die Frau aber bestreite jegliche Vorwürfe. „Das ist ein Verfahren, das mit Sicherheit im Bereich der strafrechtlichen Aussageerpressung angesiedelt ist.“ Man habe der Angeklagten zugemutet, „eventuell ein falsches Geständnis abzulegen, um ihren Verlobten aus der Haft zu bekommen“, kommentierte die Anwältin. Eine Strafanzeige gegen die abgelehnten Richter schloss Zecher nicht aus.

Damit geht nach elf Verhandlungstagen alles wieder auf Anfang. Mit einem Neustart mit anderen Berufsrichtern ist erst in einigen Monaten zu rechnen. Die Angeklagten sollen in den Jahren 2003 und 2004 als Bande mit Haschisch, Kokain und Heroin gehandelt haben. Die Drogen seien aus den Niederlanden eingeschmuggelt und auch vom „Präsidenten“ persönlich verkauft worden. Mahmoud Al-Z., einer der bekanntesten Kriminellen der Stadt, war im April letzten Jahres in einer spektakulären Polizeiaktion festgenommen worden.

Kerstin Gehrke

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