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Zum Gedenken. Im November 2013 wurden Kuscheltiere und Kerzen zum Tatort gebracht. Hier in Eichwalde war die 14-jährige Alyssa erstochen worden.

© dpa

Prozess in Cottbus: Angeklagter gesteht Ermordung der 14-jährigen Allyssa

Im Prozess um die Ermordung des Mädchens gesteht der 20-jährige Angeklagte die Bluttat. In einer Erklärung entschuldigt er sich bei den Eltern des Mädchens für die Tat. Wahre Reue oder Taktik?

Das sind die Momente, die auch hartgesottenen Juristen und Berichterstattern das Blut in den Adern gefrieren lassen und so manchem Prozessbeobachter die Tränen in die Augen treiben. Alyssas Mutter hatte gemerkt, dass sich in der Nähe ihres Hauses in Eichwalde an diesem Montag im November des vergangenen Jahres etwas Ungewöhnliches ereignete. Die Polizei hatte Absperrband gezogen. Ein Hubschrauber landete am nahen Eichenwäldchen. „Und ich dachte noch: Gott sei Dank, kommen sie nicht zu mir“, erzählt die schmale, blasse Frau unter Tränen dem Richter. „Ja, und dann kamen sie doch….“ „Sie“, das waren die Polizisten, die Jeanette B. die schreckliche Nachricht vom Tod ihrer Tochter brachten.

Zum Verhängnis geworden war dem Mädchen die Bekanntschaft mit dem heute 20-jährigen Maurice M. Der hatte der 14-Jährigen auf dem Nachhauseweg aufgelauert und sie nach einem Streitgespräch brutal von hinten mit einer Bierflasche niedergeschlagen und mit mehr als 70 Messerstichen auf bestialische Weise umgebracht hat. Erstmals seit Beginn des Verfahrens vor dem Cottbuser Landgericht wandte sich der Angeklagte über seinen Anwalt mit einer Erklärung an das Gericht und die Prozessbeteiligten. Darin gestand Maurice M. die Bluttat und entschuldigte sich bei Alyssas Eltern und einem Mitschüler, den er mit einem Messer an der Hand verletzt hatte. Er bereue die Tat zutiefst. „Ich weiß, dass Sie mir nicht verzeihen können, ich würde es auch nicht tun“, heißt es in der Erklärung.

Das Geständnis und die gezeigte Reue könnten Teil der Verteidigungsstrategie von Maurice M. und seinen Anwälten sein. Sie könnte darauf aufbauen, dass die zu erwartende hohe Freiheitsstrafe dadurch wenigstens teilweise gemildert werden könnte. Am Freitag schilderten Alyssas Eltern dem Gericht, wie sie Maurice M. im Herbst vergangenen Jahres kennengelernt hatte. Sie schildern ihn beide zwar als extrem schüchtern und höflich. Doch beide machten auch keinen Hehl aus der Tatsache, dass ihnen der verschlossene Typ von Anfang an nicht ganz geheuer war. Er hatte offensichtlich psychische Probleme, denn als er einmal am Tisch in Eichwalde saß, hatte die Mutter viele Narben an seinen Armen bemerkt. Maurice M. hatte sie sich selbst zugefügt, hatte sich „geritzt“.

„Er hat mir nie in die Augen gesehen“, sagt Jeanette B. dem Gericht. Die heute gebrochene Frau scheint eine Menschenkennerin zu sein. Bis zu Mord an ihrer Tochter hatte sie eine eigene Praxis als Heilpraktikerin betrieben. „Er war mir unheimlich. Ich kam nie an sein Herz“, erzählt die Mutter. Die Eltern berichten beide, dass sich ihre Tochter von dem sechs Jahre älteren Mann bedrängt fühlte. Es sei ihrer Tochter alles zu viel geworden, berichten sie. Deshalb habe auch in der Nacht vor der Tat ein Gespräch im Haus der Familie stattgefunden. Dabei habe Alyssa gesagt, dass sie ihn nicht mehr sehen wolle. „Danach war meine Tochter richtig erleichtert“, gibt Vater Andreas B. zu Protokoll. Am Morgen danach fuhr Alyssas Mutter Maurice M. noch zum Zentralen Busbahnhof nach Berlin. Wie er in den Bus einstieg, konnte sie nicht beobachten, weil es keinen geeigneten Parkplatz gab. Statt aber in einen Bus nach Köln einzusteigen, hat sich Maurice M. offenbar wieder auf den Rückweg nach Eichwalde gemacht, wo er seinem Opfer bis zum Nachmittag auflauerte.

Jan Siegel

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