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Der Angeklagte Mario K. verdeckt mit einem Hefter sein Gesicht neben seinem Anwalt Christian Lödden vor Beginn des wohl vorletzten Verhandlungstages am Montag am Landgericht in Frankfurt (Oder).

© Patrick Pleul/dpa

Update

Prozess in Frankfurt/Oder: Maskenmann-Verteidiger: "Hier sitzt der Falsche"

Im Maskenmann-Prozess hat die Verteidigung ihr Plädoyer beendet und Freispruch für den Angeklagten gefordert. Es gebe "nichts Belastendes" gegen Mario K. Am Freitag fällt das Urteil im spektakulären Prozess um zwei Überfälle und eine mysteriöse Entführung.

Die Forderungen könnten gegensätzlicher nicht sein: Lebenslänglich hat die Staatsanwaltschaft im sogenannten Maskenmann-Prozess gefordert. Am Montag beendete der Verteidiger sein Plädoyer und forderte wie erwartet Freispruch für den Angeklagten Mario K. Dessen Verteidiger Christian Lödden warf der Staatsanwaltschaft am Montagvormittag vor, Indizien wie Puzzlestücke benutzen, "bei denen aber nur ein paar Punkte passen. Der Rest wird mit dem Hammer passend gemacht".

Die Verteidigung hat zudem diversen Indizien der Staatsanwaltschaft detailliert widersprochen und Zeugenaussagen als völlig unglaubwürdig eingestuft. "Nach unserer festen Auffassung sitzt hier der Falsche." Weil die Staatsanwaltschaft erklärt habe, es gebe keine Indizien, die Mario K. entlasten, sagte Lödden: „Das Entlastendste in diesem Verfahren“, verkündete er, „ist der Umstand, dass es nichts Belastendes gibt.“

Etliche Indizien zerpflückte der Anwalt: Einige der Zeugen seien "völlig unglaubwürdig" gewesen, der Versuch, den Entführer anhand einer Stimmerkennung zu ermitteln, habe "null Beweiswert", Mario K. könne wegen einer Verletzung ein Knie nicht mehr bewegen, der Entführer sei aber offenbar in die Knie gegangen, die Größe Mario K.s stimme nicht überein, und so weiter.

Für die Staatsanwaltschaft kommt allerding nur der der mehrfach vorbestrafte Dachdecker Mario K. aus Berlin infrage. Der bestreitet die Taten in dem Prozess, bei dem es nur Indizien und kein klares Motiv gibt.

Für heute ist der Prozess unterbrochen, das Urteil soll am Freitag um 9.30 Uhr fallen.

Der Tagesspiegel hatte in einer großen Recherche aufgedeckt, dass es möglicherweise einen weiteren Verdächtigen gibt, der für die Entführung in Frage kommen könnte. Es ist ein Hubschrauberpilot aus Brandenburg, dessen Alibi Mario K.s Verteidigung in Frage stellt. Der Tagesspiegel hatte aufgedeckt, dass nicht allen Hinweisen auf diesen möglichen anderen Tatverdächtigen konsequent nachgegangen worden war. Der Pilot quittierte 2013 den Dienst, gegen ihn wurde auch wegen Bestechlichkeit im Amt ermittelt.

In dem spektakulären Fall geht es um zwei Überfälle auf die Unternehmerfamilie P. in Bad Saarow im Jahr 2011 und die Entührung des Berliner Bankers Stefan T. im Oktober 2012 aus seiner Villa am Storkower See. Nach Darstellung des Entführungsopfers wurde dieses vom Täter mit einem Kajak, das später im Schilf gefunden wurde, und einer Luftmatratze durch den See auf eine Schilfinsel gebracht, dort gefesselt und geknebelt. Am Morgen des 7. Oktober habe sich T. selbst befreit und sei geflüchtet. Das BKA stellte fest, dass bei der zweiten und dritten Tat mit derselben Pistole geschossen wurde. Die Waffe wurde nie gefunden.

Im September 2013 nahm die Polizei Mario K. fest. Im Prozess werden ihm versuchter Mord und Totschlag sowie erpresserischer Menschenraub vorgeworfen.

An der Darstellung des Entführungsopfers gab es während des Prozesses Zweifel. Auch sonst war dieser aufsehenerregende Prozess von einer Reihe von Merkwürdigkeiten geprägt. Außerdem beklagten Polizeibeamte, dass sie nicht in alle Richtungen ermitteln durften – und die widersprüchlichen Angaben des Opfers nicht prüfen konnten. Vier kritische Beamte wurden von dem Fall abgezogen, ließen sich versetzen oder sind nun krankgeschrieben.

Das komplette Recherche-Dossier finden Sie hier.

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