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Berlin: Prozess um Bankenskandal ist rekordverdächtig

15 Angeklagte, rund 30 Verteidiger, bergeweise Akten: Das Verfahren gegen Landowsky und die Ex-Manager der Berlin Hyp könnte sich Jahre hinziehen

Von Katja Füchsel

Der Prozess um den Berliner Bankenskandal hat gute Chance, Justizgeschichte zu schreiben – in mehrfacher Hinsicht. Selbst im größten Saal des Kriminalgerichts werden die Verfahrensbeteiligten eng zusammenrutschen müssen, wenn voraussichtlich im Sommer die Anklage verlesen wird: 15 Beschuldigte sind geladen, neben ihnen werden rund 30 Verteidiger Platz nehmen. Bei den Angeklagten handelt es sich nicht, wie in Moabit sonst üblich, um Mörder, Dealer oder Zuhälter. Dieses Mal sitzen langjährige Bankvorstände auf der Anklagebank. Grauhaarige Männer, die sich zuvor rechtlich nie etwas zu Schulden haben kommen lassen. Der frühere Vorstandschef und Ex-Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus, Klaus-Rüdiger Landowsky, ist dabei sowie die früheren Bank-Chefs Wolfgang Steinriede und Wolfgang Rupf. Die Materie gilt als schwierig, keiner der Angeklagten hat bislang gestanden und das bedeutet: Der Prozess könnte Jahre dauern. Nachdem das Landgericht am Montag die Anklage zugelassen hatte, zeigten sich die Ex-Manager gestern zuversichtlich. „Am Ende wird ein Freispruch für alle herauskommen“, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Müllenbrock, der zusammen mit einem Kollegen im Prozess Landowsky vertritt.

Die Vorwürfe gegen die einstigen Spitzenmanager der Bank Berlin Hyp wiegen im wahrsten Sinne des Wortes schwer: 750 Seiten umfasst allein die Anklageschrift. Die Beschuldigten sollen demnach für die Vergabe unzureichend gesicherter Kredite von rund 240 Millionen Euro an die Immobilienfirma Aubis verantwortlich sein. Mit Hilfe der Berlin Hyp hatte Aubis in den 90er Jahren Plattenbauten in Ostdeutschland gekauft. Bei der Kreditvergabe wurde nach Ansicht der Ermittler nicht nur gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, außerdem seien veraltete Unterlagen verwendet und Risiken nicht berücksichtigt worden.

Die risikoreichen Immobiliengeschäfte hatten zu Verlusten in Milliardenhöhe geführt. Die umstrittenen Kredite und eine zeitnahe Barspende der zwei Aubis-Chefs an die CDU hatten den größten Finanzskandal der Berliner Nachkriegsgeschichte ausgelöst. An der Bankenkrise zerbrach 2001 die Koalition von CDU und SPD.

Seit Jahren zieht sich nun die juristische Aufarbeitung der Bankenaffäre hin. Hoffnung schöpften die angeklagten Ex-Banker, nachdem das Kammergericht im März in einem Zivilverfahren die Forderung der Berlin Hyp auf Schadensersatz abgewiesen hatte. Im Vergleich zur klagenden Bank aber haben die Strafverfolger viel gründlicher recherchieren können: Zwölf Staatsanwälte, zehn Wirtschaftsreferenten und 21 Kripo-Beamte sind seit Jahren auf den Fall Bankenaffäre angesetzt. Die jüngste Anklage ist ihr bislang größter Erfolg. Derzeit laufen zu dem Komplex noch rund 30 Ermittlungsverfahren – darunter auch gegen den Ex-Chef der Bankgesellschaftstochter IGB, Manfred Schoeps. Die ehemaligen Aubis-Manager Christian Neuling und Klaus Wienhold, die zu den Schlüsselfiguren der Bankenaffäre zählen, müssen hingegen mit keinen weiteren Anklagen rechnen.

Die Zahl der Gerichtsakten gilt stets als beliebter Indikator für die Größe eines Verfahrens. Für den jetzt ausstehenden Prozess hat sich bislang aber niemand die Mühe gemacht, die Ordner der Richter zu zählen. Aus gutem Grund: „Das ist ein halbes Zimmer voll“, sagt Justizsprecher Arnd Bödeker.

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