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Berlin: Prozess um Busunglück verzögert sich Landgericht: Staatsanwaltschaft muss nachermitteln

Unfall am Schönefelder Kreuz hatte 14 Tote gefordert

Schönefeld - Das Verfahren um das schwere Busunglück vom Schönefelder Kreuz wird nach Tagesspiegel-Informationen länger dauern als angenommen. Eine Kammer des zuständigen Landgerichts Potsdam hat entschieden, dass die Staatsanwaltschaft in den kommenden Wochen nachermitteln muss. Ein Sprecher des Gerichts bestätigte dies. Es sei ein ergänzendes Gutachten nötig, hieß es aus Justizkreisen, mit dessen Fertigstellung erst in der zweiten Hälfte dieses Jahres gerechnet werde. Um was für ein Gutachten es sich handelt, ist unklar. Erst danach könne der Prozess beginnen. Vor 2012 wird kein Urteil erwartet.

Nachdem am 26. September 2010 ein polnischer Reisebus gegen einen Brückenpfeiler geprallt war und 14 Insassen starben, muss sich eine damals 37-jährige Berlinerin wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Der Reisebus war an jenem Sonntag auf der Autobahn am Schönefelder Kreuz mit einem roten Mercedes kollidiert, den die angeklagte Frau steuerte. Der Bus prallte bei einem Ausweichmanöver gegen den Pfeiler. Die Polizistin hatte bei der Auffahrt auf die Autobahn in Richtung Frankfurt an der Oder die Kontrolle über das Auto verloren. Der Mercedes schlitterte von der linken Auffahrspur in wenigen Sekunden auf die rechte Spur der Autobahn und stieß dort an den geradeaus fahrenden Bus.

Das bei Unfällen übliche Gutachten der Prüfgesellschaft Dekra geht allerdings davon aus, dass die Frau auf der Zufahrt nur rund 40 Kilometer pro Stunde gefahren sei. Dies ist kein Verstoß gegen Straßenverkehrbestimmungen. Die Fahrerin soll beim Eintreffen auf der Autobahn jedoch stark beschleunigt haben, wodurch bei feuchtem Wetter die Hinterreifen des Mercedes durchdrehten, das Heck des Wagens ausbrach und das Auto ins Schleudern geriet. Die Anklage bezieht sich folglich auf das Beschleunigen bei kritischen Fahrbahnverhältnissen. Bei einer Verurteilung drohen der Berlinerin bis zu fünf Jahre Haft, jedoch ist auch eine Geldstrafe möglich. Aus Justizkreisen hieß es aber, es handele sich „um einen minderschweren Fall von fahrlässiger Tötung“. Von Raserei des Mercedes – wie in der Öffentlichkeit spekuliert worden war – könne keine Rede sein. Besonders „erhebliche Fahrfehler“ hätten die Ermittler nicht nachweisen können. Ob sich dies durch die Nachermittlungen ändern könnte, ist ungewiss. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu nicht.

Bei dem Unfall waren 38 Menschen verletzt worden, die in Kliniken in Brandenburg, Berlin und Sachsen behandelt wurden. Die Fahrerin des Unfallautos ist damals bei der Berliner Polizei beschäftigt gewesen, in dem Unfall-Mercedes saßen zwei Bekannte der Frau, die ebenfalls verletzt worden sind. Das Busunglück hatte in Polen und Deutschland große Bestürzung ausgelöst. In dem Reisebus saßen Mitarbeiter des Forstamtes aus Zlocieniec im polnischen Westpommern, deren Familien und zwei Busfahrer. Sie waren auf dem Rückweg aus dem Urlaub in Spanien.

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