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Der Angeklagte Josef S. in der Gerichtsverhandlung in Neuruppin.

© Annegret Hilse/REUTERS

Prozess um Massentötungen im KZ Sachsenhausen: Verteidiger kündigt Erklärung des 101-jährigen Angeklagten an

Er ist wegen Beihilfe zum tausendfachen Mord angeklagt. Doch Josef S. stritt bisher ab, SS-Wachmann gewesen zu sein. Nun will er sich zu seiner Rolle äußern.

Im Prozess um die Massentötungen von Häftlingen und sowjetischen Kriegsgefangenen im Konzentrationslager Sachsenhausen hat der Verteidiger eine Erklärung des Angeklagten Josef S. angekündigt.

Der 101-Jährige werde sich beim nächsten Prozesstag am Donnerstag auch zu seiner Tätigkeit in der Zeit während des Zweiten Weltkriegs erklären, in der er laut Anklage als Wachmann der SS in dem KZ eingesetzt gewesen sein soll, teilte Verteidiger Stefan Waterkamp am Samstag der Deutschen Presse-Agentur mit.

Laut Anklage soll der 101-Jährige als SS-Wachmann in dem KZ von 1942 bis 1945 Beihilfe zum Mord an Tausenden Häftlingen geleistet haben - in mindestens 3518 Fällen.

Der Angeklagte hatte aber in dem seit Anfang Oktober laufenden Prozess mehrfach bestritten, in dem KZ tätig gewesen zu sein. Auf Anraten seines Anwalts hat er sich ansonsten zu seiner Tätigkeit während des Zweiten Weltkriegs bislang nicht geäußert.

Dokumente aus mehreren Archiven belasten Angeklagten

Der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann, Nebenkläger-Anwalt Thomas Walther und Überlebende des KZ als Nebenkläger hatten den Angeklagten mehrfach aufgefordert, sich zu seiner damaligen Tätigkeit zu bekennen. Laut Lechtermann soll der 101-Jährige schon einmal angegeben haben, er habe zu der fraglichen Zeit in der litauischen Armee gedient. Dann solle er dazu auch nachprüfbare Einzelheiten schildern.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Mutmaßlicher KZ-Wachmann vor Gericht: Im Räderwerk der Vernichtungsmaschine]

Sollte er aber als SS-Wachmann im KZ gedient haben, solle er dies eingestehen, hatte der Richter gefordert. Ermittler des polizeilichen Staatsschutzes hatten in mehreren Archiven Dokumente gefunden, die S. als Wachmann in Sachsenhausen auswiesen.

KZ-Überlebender: „Ist Ihnen ihr dunkles Geheimnis so viel wert?“

Anfang November hatte der KZ-Überlebende Emil Farkas in einer Zeugenaussage an den Angeklagten appelliert, seine Schuld einzugestehen. „Ist Ihnen ihr dunkles Geheimnis so viel wert, dass Sie sich nicht entschuldigen können für ihren Beitrag zu meinem Leid?“, fragte er.

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Der Prozess vor dem Landgericht Neuruppin findet aus organisatorischen Gründen in einer Sporthalle in Brandenburg/Havel statt. Bislang sind Termine bis in den Januar anberaumt.

Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 nach Angaben der dortigen Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende Häftlinge kamen dort durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen. (Tsp, dpa)

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