zum Hauptinhalt

Berlin: Prozess um Vogelfutter: Justiz misstraut "Hänflingen"

Wenn sie unter ihrem Futter Hanfsamen entdecken, dann picken viele gefiederte Freunde genussvoll zu. Was aber für Vögel ein besonderer Leckerbissen ist, kann für die Strafjustiz ein harter Brocken sein.

Wenn sie unter ihrem Futter Hanfsamen entdecken, dann picken viele gefiederte Freunde genussvoll zu. Was aber für Vögel ein besonderer Leckerbissen ist, kann für die Strafjustiz ein harter Brocken sein. Zwei Jahre wurde gegen das "Hanfhaus" ermittelt, weil dort angeblich unter der Tarnung von Vogelfutter mit Drogen gehandelt wurde. Seit gestern stehen nun Hanfhaus-Gründer Mathias Bröckers und drei damalige Geschäftsführer vor Gericht.

Es geht um 50 Kilogramm Vogelfutter. Unter der Bezeichnung "Hänfling" wurden die Cannabissamen in Tütchen zu je zehn Gramm angeboten. Für Hänflinge, Sittiche, Kanarien-, Papageien oder andere Vögel sei Hanf das "Filetstück" unter den Samenkörnern, heißt es auf der knallgelben Packung. Außerdem ist da noch ein preisender Reim zu lesen: "Und ist vom Hanf ihr Kröpfchen voll, wird laut ihr Lied und liebestoll."

Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt...

Genau dieser Zusatz deutet aus Sicht der Staatsanwaltschaft auf illegale Absichten der Angeklagten. Die Behörde glaubt, dass die "Hänflinge" nicht von Vögeln vertilgt, sondern von "schrägen Vögeln" in Menschengestalt zur verbotenen Aufzucht von Cannabispflanzen in den Boden gebracht werden sollten. Damit hätten der 46-jährige Bröckers und die weiteren Angeklagten gegen eine Verordnung vom Februar 1998 verstoßen. Danach darf mit Cannabissamen nur dann gehandelt werden, wenn sie nicht zum illegalen Anbau bestimmt sind.

Die Rechtsanwälte schüttelten am ersten Prozesstag nur den Kopf: "Wieso ist hier Handel mit Betäubungsmitteln angeklagt, wo doch im Hanfsamen nicht eine Spur des berauschenden Wirkstoffs THC enthalten ist." Der Wirkstoff bilde sich erst beim Wachstum weiblicher Pflanzen. Jemanden für ein Korn, das kein Rauschmittel sei, nach dem Betäubungsmittelgesetz bestrafen zu wollen, sei "gegen das Gesetz der Logik". Die Verteidiger beantragten, den Vogelfutter-Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Der Richter lehnte das ab.

Mathias Bröckers, der ganz in Hanfprodukte gekleidet zum Prozess erschienen war, gab sich kämpferisch: "Wenn wir verknackt werden, gehen wir weiter." Er sei Schikanen gewöhnt. Ob Lutscher, Kosmetika, Bier oder Jeans aus Hanf - keines der Produkte sei ohne Ärger auf den Markt gebracht worden. Am Montag wird der Prozess um die "Hänfling-Hanf-Kraftnahrung für Vögel" fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false