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Viel zu tun gab es für die Strafgerichte im Jahr 2014 - hier die Anwälte im Prozess gegen zehn mutmaßliche Hells-Angels-Mitglieder.

© Matthias Balk/dpa

Prozesse in Berlin: Das Jahr 2014 vor Gericht

Ein Vatermord, tödliche Gewalt gegen ein Kleinkind, ein Rockerprozess – und eine gescheiterte Abi-Fete: Was die Berliner Strafgerichte im abgelaufenen Jahr so alles beschäftigte.

Keine Reue nach tödlicher Fahrt

Das Jahr hatte kaum begonnen, da sorgte ein Urteil für Aufsehen. Nach dem Unfalltod einer Abiturientin in Friedrichshain saßen eineiige Zwillinge, 20 Jahre alt, vor Gericht. Sie waren am 15. September 2012 mit einem Transporter unterwegs. Miriton C. fuhr zu schnell und ohne Fahrerlaubnis. Als die Abiturientin in ein Taxi steigen wollte, wurde sie erfasst und gegen einen Laternenmast geschleudert. Die polizeibekannten Brüder hatten zunächst für Verwirrung um die Frage gesorgt, wer fuhr. Im Prozess wurde den beiden ein Deal angeboten. Daraufhin gestand Miriton C., doch von Reue war nicht viel zu spüren. Er kam mit 22 Monaten Haft auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung davon.

Ewiger Gangster

Ein Jugendgericht musste im Februar feststellen, dass der „Gangsterläufer“ seiner Rolle treu geblieben war: Yehya El-A., der sich im Dokumentarfilm „Gangsterläufer“ selbst zum „Boss der Sonnenallee“ ernannt hatte, saß mit Komplizen wegen Raubes vor Gericht. Um mehrere Überfälle mit einer Beute von 57 000 Euro ging es. Dabei hatte Intensivtäter El-A. in dem ZDF-Film erklärt, dass er sich bessern wolle. Doch der Hauptdarsteller wechselte wieder ins kriminelle Metier. Diesmal erhielt der 23-Jährige fünf Jahre Gefängnis.

Höllische Schmerzen

Zwei Jahre nach dem Tod der kleinen Zoe begann am 28. Februar der Prozess gegen die Mutter und deren Lebensgefährten. Regungslos saßen Melanie S. und Matthieu K., 27 und 26 Jahre alt, vor einem Schwurgericht. Zoe wurde nur 33 Monate alt. Sie starb nach einem Faustschlag in ihren Bauch. Ihre höllischen Schmerzen wurden tagelang ignoriert – um die Gewalt von Matthieu K. zu vertuschen, so die Anklage. Der Tod des Mädchens löste heftige Debatten aus. Warum war nicht viel früher aufgefallen, was in der Wohnung in Weißensee geschah? Die beiden Angeklagten wurden des Mordes durch Unterlassen schuldig gesprochen. Die Mutter erhielt acht Jahre, ihr Partner zwölf Jahre Gefängnis.

Keine Party

Der Prozess um Betrügereien durch Manager der Eventagentur Easy Abi zog sich hin. Die Firma war vor mehr als drei Jahren in die Pleite gerutscht. 360 000 Euro, gezahlt von Schülern, fehlten. Tausende Abiturienten wurden um ihre Party gebracht. Die Verhandlung begann im März. Fünf Monate später war das Landgericht überzeugt, dass drei Ex-Manager verantwortlich sind. Ein Angeklagter wurde zu drei Jahren und drei Monaten verurteilt, zwei erhielten Bewährungsstrafen.

Zehn Schüsse auf den eigenen Vater

Die Saaltür blieb für die Öffentlichkeit geschlossen, als der ungeheuerliche Vorwurf gegen einen 17-Jährigen verhandelt wurde: Acht Monate nach den tödlichen Schüssen auf Steuerberater Ingo W. saß sein jüngerer Sohn ab April auf der Anklagebank. Hatte der Gymnasiast aus gutem Hause tatsächlich eine Pistole genommen und kaltblütig seinen Vater in dessen Kanzlei in Westend getötet? Zehn Schüsse fielen. Fünf trafen den Steuerberater und Notar in Oberkörper und Kopf. Der Sohn schwieg. Die Tatwaffe fehlt bis heute. Gegen den zur Tatzeit 16-jährigen Sohn wurde eine Jugendstrafe von acht Jahren verhängt. Die Fülle der Indizien habe ihn überführt, hieß es nach einem sechsmonatigen Prozess. Der Verteidiger legte umgehend Revision ein.

Drogen für den Bundestagsabgeordneten, Rocker und ein Mordkomplott

Drogen in der Laube

Eine Laube in der Kleingartenkolonie Samoa in Schöneberg, Crystal Meth, eine 43-jährige Dealerin und der Verdacht, dass auch ein SPD-Bundestagsabgeordneter an ihrem Gartentor ein Gramm erworben hatte – das sorgte im Juli für Trubel. Kein Platz auf der Pressebank im Gerichtssaal blieb leer, als die Strafsache Silke C. verhandelt wurde. Sie gab zu, 17 Mal mit dem Stoff gehandelt zu haben. Dann blieb sie nebulös: „Zu den Erwerbern habe ich bei der Polizei ausgesagt.“ Sie hatte ausgepackt und dazu beigetragen, dass Dealer, die mehr Handel betrieben, gefasst wurden. Mit drei Jahren Haft erhielt sie eine eher milde Strafe. Der Abgeordnete Michael Hartmann gab zu, Drogen gekauft zu haben, und zahlte eine Geldbuße.

Immer wieder der Maserati

Hochrot im Gesicht verließ der Ex-Chef der Treberhilfe am 23. Juli das Kriminalgericht: Die „Maserati“-Affäre führte für Harald Ehlert zu einem Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung. Ein Jahr Haft auf Bewährung verhängten die Richter. Der Sozialunternehmer habe gegenüber dem Finanzamt falsche Angaben über einen 140 000 Euro teuren Maserati gemacht, den er als Geschäftsführer nutzte. Zudem habe er verschwiegen, dass ihm mit einem „explosiv motorisierten“ BMW X5 ein zweiter Dienstwagen zur Verfügung stand. Wäre das dem Fiskus bekannt gewesen, hätte die Treberhilfe den Status der Gemeinnützigkeit verloren, hieß es. Ehlert wehrt sich weiter gegen jegliche Vorwürfe.

Rocker hinter Panzerglas

Das Sicherheitsaufgebot war groß, als im November der Prozess gegen Hells-Angels-Rocker begann: Elf Männer, zumeist kahl geschoren und bullig, sitzen seitdem unter Mordverdacht hinter Panzerglas. Zehn von ihnen gelten als Mitglieder der Hells Angels, Kadir P. als ein Boss. Er soll die tödlichen Schüsse auf einen 26-Jährigen am 10. Januar dieses Jahres in einem Reinickendorfer Wettbüro in Auftrag gegeben haben. Als Motiv wird Rache angenommen. Einer der Angeklagten hat seit Wochen das Wort: Kassra Z., 27 Jahre. Er war laut Anklage einer von 13 Männern, die in das Wettbüro gestürmt waren. Nun gilt er als Kronzeuge. Der Prozess wird das Gericht noch lange beschäftigen.

Mordkomplott von Mutter und Sohn

Ein mit Spannung erwartetes Urteil zeichnete sich im Dezember ab: Im Prozess um das Mordkomplott gegen die Pferdewirtin Christin R. wurden die Plädoyers abgeschlossen. Rund zweieinhalb Jahre nach dem Tod der 21-Jährigen hat die Staatsanwaltschaft auf lebenslange Freiheitsstrafen gegen vier der fünf Angeklagten plädiert. Robin H., der Freund des Opfers, und dessen Mutter sollen das Komplott geschmiedet haben, um an rund 2,4 Millionen Euro aus Lebensversicherungen des Opfers zu kommen. Ein Killer sei angeheuert worden. Eine 29-jährige Angeklagte hatte es so gestanden. Verteidiger sehen die Version als haltlos. Am 29. Januar soll das Urteil fallen.

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