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Alles für den Effekt. Inhaber Bernhardt Thron lässt es knallen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Pyrotechnik in Berlin: Wo man ganzjährig Feuerwerk kaufen kann

Nicht nur Silvester werden Raketen gezündet. Ein Laden in Köpenick verkauft den heißen Stoff das ganze Jahr über.

Die Pyrotechnikkundin – Leopardenfellkappe, lange schwarze Haare – würde das Gartenfest zum Hochzeitstag gerne mit etwas Feuerwerk upgraden. „Um 24 Uhr muss was passieren.“ Bernhard Thron rät zu Römischen Lichtern, King-Size-Wunderkerzen – „dit ’is pures Gold, der Hammer“ – und, als finales Highlight, einem schönen Vulkan. Sie schaut ihren Mann an, „mach’ du nur“, er – dünner Schnauzbart und Basecap, schon etwas älter – verfolgt andere Pläne. „Ham Sie Knaller für die Fußball-WM, wenn jemand ein Tor geschossen hat?“

Thron setzt ein Kennerlächeln auf und greift hinter sich. Chinaböller im Retro-Design, in rotes Pergamentpapier gewickelt, mit stilisierter Gebirgslandschaft. Ein Bestseller in dieser Saison. „Ist das denn erlaubt?“ Thron zeigt auf die Packung: „Technische Schallerzeuger“, zugelassen von der Bundesanstalt für Materialprüfung, Kategorie P 1, die dürfen ganzjährig verkauft und angezündet werden. „Das Tolle: Die zerschreddern sich dabei, das ist dann wie Konfetti.“

Die Pyro-Nebensaison läuft von Mai bis September

Bernhardt Thron verkauft Feuerwerk für private Feiern, sein Laden in der Köpenicker Bahnhofstraße sei der erste „Ganzjahresfeuerwerksladen“ in Deutschland. Warum außer ihm noch keiner auf die Idee kam, kann Thron auch nicht sagen. Wahrscheinlich hatte bisher niemand Lust, das ganze Jahr über zwischen knallbunter Silvesterdeko zu sitzen. Der Laden funktioniert wie ein schwarzes Loch, in dem die Zeit kurz vor Silvester stehengeblieben ist.

Da geht einiges. Viele Produkte darf man nicht nur Silvester zünden.
Da geht einiges. Viele Produkte darf man nicht nur Silvester zünden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Das Feuerwerken für Hochzeiten, runde Geburtstage und Firmenjubiläen habe zugenommen, sagt Thron. Natürlich ist das Silvestergeschäft dominierend, aber die kurze Hochsaison am Jahresende wird immer stärker von einer langen Nebensaison von Mai bis September flankiert. „Der Höhepunkt jedes Volksfestes ist das Feuerwerk“, sagt Thron. Das wüssten auch die Politiker, daher findet er es ziemlich scheinheilig, wenn jetzt einige von den Grünen und der SPD über ein Verbot diskutieren. Man müsse schon zwischen der „Rumballerei zu Silvester“ und einem sensibel komponierten Feuerwerk als Abschluss einer Feier unterscheiden, meint Thron.

Die meisten privaten Feuerwerke erlaubt Treptow-Köpenick

Fragt man in den Bezirken nach, stagnieren die Zahlen privater Feuerwerke. In Mitte wurden 2017 26 Feuerwerke genehmigt, 2016 waren es 36. Das Bezirksamt akzeptiert nur Feuerwerke, die von professionellen Pyrotechnikern ausgerichtet werden. In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden 2017 30 Feuerwerke genehmigt. Als Anlässe werden nur noch hohe runde Geburtstage oder ein 50. Hochzeitstag akzeptiert. In Außenbezirken ist die Genehmigungspraxis liberaler. 2017 wurden in Pankow 35 Anträge genehmigt, in 2016 waren es sogar 55. In Steglitz-Zehlendorf wurden von Juli 2017 bis Ende März insgesamt 34 Anträge gestellt, davon waren 23 mit Pyrotechniker, elf ohne und nur einer davon wurde abgelehnt. Das entspricht einem Durchschnitt von 3,77 Feuerwerken im Monat. Die meisten Feuerwerke leistete sich Treptow-Köpenick: 2017 wurden 101 Feuerwerke genehmigt, 2016 waren es 109. Natürlich melden nicht alle Hobby-Feuerwerker ihre Partyknallerei an, aber die Zahl der Beschwerden halte sich in Grenzen, heißt es unisono. Und verfolgt werden sie ohnehin nicht. Bis der Abbrennort ausfindig gemacht ist, hat sich das Feuerwerk längst erledigt.

Die Kunden kommen mit den unterschiedlichsten Wünschen - für Partys, Filmdrehs, goldene Hochzeiten.
Die Kunden kommen mit den unterschiedlichsten Wünschen - für Partys, Filmdrehs, goldene Hochzeiten.

© Kitty Kleist-Heinrich

Effekte für Videodrehs und Fußballfans

Im Laden von Thron versucht inzwischen Medizinstudent Andreas Kind vorzuführen, wie er sich die Videosequenz im Hörsaal vorstellt. „Jemand soll aus blauem Rauch erscheinen.“ Das Video ist als Werbung für die „Medi-Meisterschaften“ gedacht, ein Fußballturnier der medizinischen Fakultäten mit viel Party und Klamauk drumherum. Throns Laden hat ihm ein „Instagram-Kumpel“ empfohlen. Thron erklärt, welche Artikel sich wirklich lohnen, von der Rauchentwicklung her, und Kind lässt sich Bengalos und Rauchpatronen einpacken. Gleich nach ihm kommt Rapper Exis777 mit einem Kumpel rein, sie wollen ein Video am Waldrand drehen, dazu brauchen sie viel weißen Rauch.

Auch die Fußballfans lassen sich regelmäßig blicken, um Bengalos zu holen. „Technisches Spielzeug“, sagt Thron dazu. Darf man eigentlich überall verwenden, nur eben nicht in Fußballstadien. „Neun von zehn Fans sind aber von Hertha“, sagt Thron, „wirklich“.

Silvester ist immer - man muss nur wollen.
Silvester ist immer - man muss nur wollen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Das schlechte Image der Pyrotechnikbranche macht Thron schon etwas Sorgen, auch dafür ist so ein Laden gut. Kann jeder reinkommen und fragen, und Thron erklärt, wie ein effektvolles Feuerwerk dramaturgisch ablaufen sollte. Wer dann eine Genehmigung vom Amt hat, darf es gleich mitnehmen. „Wir bauen das hier im Laden auf und ich zeig’ den Leuten alles.“

Anfangs war der Laden nur als Showroom für die Händler gedacht, die bei Thron ihren Silvesterbedarf decken. Er betreibt auch einen Feuerwerks-Großhandel, vom Umsatz her macht er damit das Hauptgeschäft. Dann kam sein Sohn auf die Idee mit dem Ganzjahresfeuerwerksverkauf. „Einfach genial.“ Wer möchte, kann sich jetzt schon sein Silvesterfeuerwerk zusammenstellen. Abholen ist aber erst Ende Dezember möglich.

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