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Bi-Furious statt Bi-Curious: Bisexuelle demonstrieren auf dem Kreuzberger CSD.

© Tilmann Warnecke

Bisexual Visibility Day: Schluss mit den Vorurteilen gegen Bisexuelle!

Bisexuelle sind noch immer vielen Vorurteilen ausgesetzt - oft werden sie sogar aus der LGBT-Community ausgeschlossen. Das muss sich ändern. Ein Gastkommentar zum Bisexual Visibility Day.

Bisexuelle verschweigen ihre sexuelle Orientierung oft gegenüber ihrer Partnerin oder ihrem Partner und haben heimlich zwei Beziehungen, wenn diese nicht ohnehin an Eifersucht scheitern. Das lernt man auf der Internetseite des "Bravo"-Magazins, das noch immer die meistgelesene Jugendzeitschrift im deutschsprachigen Raum ist.

Solche Vorurteile über Bisexualität sind gang und gäbe, wie kürzlich auch der Schauspieler Christopher Biggins zeigte, als er sich in der britischen TV-Sendung "Celebritiy Big Brother" äußerte. Bisexualität sei die "schlimmste Form der Sexualität", verantwortlich für HIV und die Zerstörung von Beziehungen, sagte Biggins. Bisexuelle würden sich einfach nicht eingestehen wollen, dass sie eigentlich schwul oder lesbisch seien.

Für die meisten Menschen, die sich von mehr als einem Geschlecht angezogen fühlen, sind solche Sprüche trauriger Alltag. Von Heterosexuellen wie auch von Schwulen und Lesben wird immer wieder behauptet, dass es Bisexualität gar nicht gäbe oder diese nur eine Phase wäre. "Ich hab die Theorie, jeder Mann, der sagt, er ist bisexuell, ist schwul, und jede Frau, die sagt, sie sei bisexuell, ist hetero", behauptet beispielsweise die Fernsehmoderatorin Hella von Sinnen.

Die Unterstellung: Bisexuellen fehlt der Mut fürs Homo-Coming Out

Am Ende gewinnt in dieser weit verbreiteten Theorie wohl immer der Mann. Hier wird also unterstellt, dass Bisexuelle bezüglich ihrer sexuellen Identität lügen, ihnen der Mut für ein homosexuelles Coming-Out fehle oder sie dieses für den Erhalt heterosexueller Privilegien verweigern würden. Damit verbunden ist auch die Annahme, dass Bisexuelle ihre Partner jederzeit für eine Person des anderen Geschlechts verlassen würden.

Weitere Stereotype, die in Anlehnung an das Wort Homophobie als Biphobie bezeichnet werden, beziehen sich vor allem auf die angebliche Unfähigkeit zur Monogamie. So behauptet die "Bravo", "um Bisexualität wirklich offen leben zu können", brauche es entweder Menschen, "die bereit sind, eine Dreierbeziehung einzugehen oder dem Partner neben der Beziehung noch andere sexuelle Kontakte zugestehen". Bisexuelle werden also mal wieder verallgemeinernd als promisk, untreu und gefährlich dargestellt.

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Dass sich das endlich ändern muss, zeigen nicht zuletzt diverse Studien, die die Auswirkungen antibisexueller Diskriminierung thematisieren: Bisexuelle outen sich deutlich seltener am Arbeitsplatz als Schwule und Lesben und haben noch höhere Raten an Angststörungen, Depressionen und Suizidalität als diese. Am heutigen "Bisexual Visibility Day" machen bisexuelle Aktivistinnen und Aktivisten in Europa, Australien, Nord- und Südamerika und erstmals auch in Taiwan mit Aktionen und Vorträgen auf dieses Thema aufmerksam, in Paris und Tel Aviv finden eigene Bi Prides statt. Nach Jahrzehnten der Unsichtbarkeit und Unsichtbarmachung scheint sich langsam etwas zu ändern.

Erstmals führte offen geäußerte Biphobie zu Konsequenzen

Endlich! Denn es ist beschämend, dass Bisexuelle oftmals sogar aus der LGBT-Community ausgeschlossen werden, obwohl diese die Rechte von Lesben und Schwulen miterkämpft haben. Auch der Schauspieler Biggins erhielt für seine verletzenden Kommentare in der TV-Show einen Shitstorm auf Twitter. Erstmals führte offen geäußerte Biphobie in den Medien zu Konsequenzen: Biggins musste die Sendung verlassen.

Doch es gibt noch immer viel zu tun, das Thema muss auch außerhalb des Bisexual Visibility Days auf die Tagesordnung. Hilfreich wären dafür nicht nur bisexuelle Vorbilder und eine größere und realitätsgetreuere Präsenz und Sichtbarkeit in den Medien, sondern auch ein selbstkritischer Umgang von Hetero- und Homosexuellen mit ihren eigenen Vorurteilen. Denn Bisexuelle sind nicht aufgrund ihrer sexuellen Identität verwirrt, sondern höchstens aufgrund der ihnen entgegenschlagenden Ressentiments.

Der Autor: Frederik Schindler ist freier Journalist in Frankfurt am Main und twittert unter @Freddy2805.
Der Autor: Frederik Schindler ist freier Journalist in Frankfurt am Main und twittert unter @Freddy2805.

© privat

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Frederik Schindler

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