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Mitglieder von G-Voice, dem einzigen südkoreanischen Schwulen-Chor in Lee Dong-has "Weekends".

© Berlinale

Dokus über schwule Chöre bei der Berlinale: Brüder, zur Wonne, zur Freiheit

Singen und zusammenhalten: Die Dokumentationen "Weekend" und "Who's Gonna Love Me Now" zeigen schwule Chöre in Südkorea und in London.

Der alte Mann trägt einen Eimer unter dem Arm. Er drängt sich durch die Menge, bis er vor der Bühne steht. Man sieht die Verbitterung in seinem Gesicht, den Hass. Es ist die erste Hochzeitsfeier zwischen zwei Männern in Südkorea. Auf der Bühne steht G-Voice, der einzige schwule Männerchor des Landes, und singt „Congratulations“. Wochenlang haben sich die Mitglieder auf diesen Moment vorbereitet. Jetzt fliegt ihnen plötzlich Scheiße entgegen – der Mann mit dem Eimer wirft sie.

Szenen, die Homophobie im christlich geprägten Südkorea zeigen, gibt es viele in dem Dokumentarfilm „Weekends“. Frauen, die am Rand einer Queer-Parade stehen und schreien: „Sterbt, sterbt, sterbt!“, Männer, die Homosexualität als Verbrechen bezeichnen. In dieser Atmosphäre folgt Regisseur Lee Dong-ha dem G-Voice-Chor.

Es geht weniger ums Töne treffen, sondern um den Spaß

Und doch, in seinem Porträt ist der Hass auf die Nebentribüne verdrängt. Viel stärker zur Geltung kommen der Zusammenhalt und der Ideenreichtum der Männer. Sie drehen eigene Musikvideos, rutschen in Sakkos über Bartresen, tanzen im Park mit Lotusblumen im Haar, feiern das Leben. Es wird schnell klar: Beim Singen geht es weniger darum, den Ton zu treffen, als Spaß zu haben und die eigene Isolation zu überwinden.

Ähnlich ist es auch in der Dokumentation „Who’s Gonna Love Me Now“ der Brüder Barak und Tomer Heymann, die mit „Paper Dolls“ 2006 bereits den Panorama-Publikumspreis und den Teddy-Award gewonnen haben. Sie porträtieren Saar, einen nach London emigrierter Israeli, homosexuell, HIV-positiv. Er singt im London Gay Men’s Choir, dem größten schwulen Männerchor in Europa.

Wuchtiger Gesang verdrängt die Befangenheiten der Familien

Im Zentrum steht die Konfrontation Saars mit seiner konservativen jüdischen Familie. Dem Vater, ein Ex-Militär, fällt es schwer, die Sexualität seines Sohnes anzuerkennen, sein Onkel macht seinen „lasterhaften“ Lebenswandel für seine Krankheit verantwortlich, verbietet dem „Kranken“ Kontakt zu seinen Kindern. Saar selbst ist verzweifelt. In den Begegnungen zwischen ihm und seiner Familie wechseln sich Momente empathischer Annäherung mit Momenten tiefer Entfremdung ab.

Und auch wenn der Chor hier in den Hintergrund rückt und die Aufführungen nur bruchstückhaft in das Narrativ eingewoben werden, sind es oft die zentralen Szenen, die Saar, den vermeintlich Ausgestoßenen auf der Bühne stolz und würdevoll zeigen. Die Vorwürfe und die Befangenheit weicht dann dem wuchtigen Gesang, dem jubelnden Applaus – auch der Familie.

„Weekends“: 18.2., 14.30 Uhr (Cinestar 7); „Who’s Gonna Love Me Now“: 18.2., 22.30 Uhr (Cinestar 7)

Giacomo Maihofer

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