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Comedian Tig Notaro machte Witze über ihre Brustamputation

© picture alliance/dpa

Queer Comedy: Das Unbehagen weglachen

In den USA ist die Comedy-Szene von Künstlern geprägt, die sich als queer bezeichnen oder ein queeres Publikum ansprechen möchten. Dabei entsteht Humor, der gesellschaftliche Normen infrage stellt.

Black oder gay. Diskriminierung auf Grund der Hautfarbe oder der Sexualität, womit lässt es sich leichter leben? Dieser Frage geht Wanda Sykes in einem ihrer Stand-Up Programme nach. Sie kommt zu dem Schluss, dass sie sich bei ihrer Familie wenigstens niemals als schwarz outen musste. Sie spielt diesen Gedanken eines schwarzen Coming Outs dann aber doch in einem Sketch durch.

Humor, der nicht vor schwierigen Themen zurückscheut, diese vielmehr in den Mittelpunkt stellt. In den USA haben sich in den letzten Jahren einige Comedians etabliert, die ihren Humor daraus speisen, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Sie sind laut, aufgedreht und Sexualität spielt eine wichtige Rolle in ihren Performances.

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Folgt man Foucault, so ist die Sexualität ein Konstrukt, das einem Körper eingeschrieben wird und damit zur Subjektwerdung des Menschen beiträgt, wenn nicht sogar ihr wichtigster Antrieb ist. Auch sei Sexualität als historisch veränderbar zu betrachten, wurde diese doch erst seit Ende des 19. Jahrhundertsals identitätstiftender Kern des Menschen betrachtet. Somit ist es nicht verwunderlich, dass gerade Themen rund um die Sexualitäten für Unbehagen sorgen – und optimaler Comedystoff sind.

Raus aus der Opferrolle

Margaret Cho kann als Pionierin des unangenehmen Humors gesehen werden. In ihren Shows stellt sich dem Publikum konstant die Frage, ob das eigene Lachen nicht schon die Grenze zum Rassismus oder Sexismus überschritten hat. „Darf man darüber lachen?“ Margaret Cho sagt eindeutig: Man darf, man soll sogar. Kürzlich trat sie im Quatsch Comedy Club in Berlin auf und widmete einen großen Teil ihrer Show dem sexuellen Missbrauch, den sie in jungen Jahren erlitten hat. Sie beschrieb wie dieser Missbrauch ihr ihren Körper genommen hat. Erst dadurch, dass sie sich mehrere großflächige Tattoos hat stechen lassen, habe sie sich neu definieren und wieder über ihren eigenen Körper verfügen können. Zum Beweis ließ sie auf der Bühne die Hose runter – auch ihren Hintern schmückt eine Tätowierung. Vom Opfer zur selbstbestimmten Frau.

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Werden schwule oder lesbische Menschen humoristisch dargestellt, geschieht das oftmals noch sehr platt und stereotyp: Die Lesbe als burschikose Frau mit Hang zur Familiarität und der Schwule als lustige Tunte sind altbekannte und abgeschmackte Bilder. Dennoch werden sie immer wieder bemüht, sind sie doch eine Garantie für einen schnellen Lacher. Diese Zeichnung queerer Menschen ist leicht konsumierbar und stellt Heteronormativität nicht infrage.

In Deutschland fehlen vergleichbare Comedians

Konsequent ausgespart wird dabei der Sex. Die Praktiken, Vorlieben und Performanzen des queeren Sexes bilden eine Leerstelle in dieser oberflächlichen Comedy-Repräsentanz. Ein bisschen Nachhilfe-Unterricht dazu gab es vor einigen Monaten vom schwulen Comedian und Schauspieler Billy Eichner in der US-Talkshow „Conan“. Er führte dort die Dating-App Grindr vor. Sie wird vor allem von Männern benutzt, die auf schnellen Sex aus sind – aber nicht nur. Denn diese App ist auch Tummelplatz von Männern jeden Alters, jeder Herkunft und jeder körperlichen Form. Sie zeigt: Ja, jeder Schwule hat Sex. Er bevorzugt gewisse sexuelle Praktiken, integriert seine Sexualität in sein alltägliches Leben – auch durch diese App.

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So weit gefasst wie der Begriff queer, so schrankenlos ist auch der Humor vieler queerer Comedians, vor allem in den USA. Es gibt keine Themen vor denen Halt gemacht wird. Tig Notaro baute sogar ein ganzes Stand-Up-Programm darauf auf, dass ihr wegen einer Krebserkrankung die Brüste abgenommen werden mussten. Auf der Bühne spekulierte sie, ob ihre Brüste vielleicht gehört hatten, dass sie so oft darüber Witze gemacht hatte, dass sie als „boyish girl“ sehr flachbrüstig sei. Vielleicht hätten ihr Brüste hätten daraufhin entschieden, sie einfach umzubringen.

Vergleichbares gibt es auf deutschen Bühnen bisher nicht. Die Stelle der lustigen Lesbe muss seit Ewigkeit Hella von Sinnen ausfüllen, Ades Zabel alias Edith Schröder regiert den Trümmertransen-Humor und Thomas Hermanns den Quatsch Comedy Club. Daneben wäre sicher noch Platz für eine deutsche Margaret Cho oder einen deutschen Billy Eichner.

Mehr LGBTI-Themen erscheinen auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Themenanregungen und Kritik gern im Kommentarbereich etwas weiter unten auf dieser Seite oder per Email an:queer@tagesspiegel.de. Sie finden uns unter @queerspiegel auch auf Twitter

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