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Eine Alternative auch für Homosexuelle? In Berlins LGBT-Szene haben 30 Einrichtungen eine Kampagne gegen die AfD und die NPD gestartet. Das Foto zeigt die Berliner AfD-Politikerin Beatrice von Storch.

© dpa/p-a

Queer weiß das (9): Wie halten Homos es mit der AfD?

Die Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Heute geht es um die Frage, warum manche Homosexuelle die AfD attraktiv finden.

Ich habe kürzlich gehört, dass es eine Interessengemeinschaft "Homosexuelle in der AfD" gibt. Aber wie stehen Homosexuelle generell zu der Partei? - Martina, Mitte

Eigentlich sollte es auf diese Frage eine einfache Antwort geben: Homosexuelle unterstützen diese Partei nicht. Denn es handelt sich um eine Partei, die Stimmung gegen Minderheiten macht. Schon weil wir als Minderheit selber auf Schutz angewiesen sind, ist diese Partei für uns unwählbar.

Es ist aber anders. Unter LGBT (Lesbians, Gay, Bi, Trans) gibt es durchaus Sympathien für die AfD. Manche LGBT fühlen sich von der anti-muslimischen Ausrichtung der Partei angezogen. In der Homo-Szene greife die Angst vor dem Islam immer mehr um sich, schrieb kürzlich das queere Stadtmagazin „Siegessäule“. Die Stimmung werde auch angeheizt durch gewalttätige Übergriffe. So sei unlängst eine Trans-Person in Kreuzberg unter „Allahu akbar“-Rufen geschlagen worden.

Angeblich gibt es in der deutschen Mehrheitsgesellschaft kaum noch Homofeindlichkeit

Die LGBT-Sympathisant_innen der AfD behaupten, dass Homofeindlichkeit heute fast nur von später zugewanderten Muslimen ausgeht, also von „außen“ kommt. Die deutsche Mehrheitsgesellschaft hingegen sei längst darüber hinweg. Die Unaufgeklärten (Muslime) stören den Frieden der Aufgeklärten (Christen): Die Gruppe „Homosexuelle in der AfD“ instrumentalisiert LGBT-feindliche Übergriffe entsprechend. Dass Hass auf LGBT in Wahrheit tief in der deutschen Mehrheitsgesellschaft verankert ist – und nicht nur unter fundamentalistischen Christen oder manchen Fußballfangruppen gepflegt wird, wird ausgeblendet.

Schulische Aufklärung ist für die AfD "Frühsexualisierung"

Die LGBT-Anhänger_innen der AfD glauben, dass sie selbst zur Mitte der Gesellschaft gehören. Darum stört es sie nicht, dass die AfD schulische Aufklärung über Homo- und Transsexualität abschaffen will und sie als „Frühsexualisierung“ „unserer Kinder“ diffamiert. Auch dass die AfD die Geschlechterforschung sowie staatliche Maßnahmen, die auf die Gleichstellung von Mann und Frau zielen (Gender-Mainstreaming), stoppen will, gefällt manchen. Schwule AfD-Anhänger halten Gleichstellungspolitik für einen Angriff auf ihre Privilegien als Männer.

Dennoch: Die meisten Homos finden eine Partei, die auf komplexe Probleme nur einfache und feindselige Antworten gibt, abschreckend. So wundert es auch nicht, dass LGBT nun mit einer Aufklärungskampagne auf lautstark in der Szene vernehmbare AfD-Sympathisant_innen reagieren. „Arsch hoch! Berlin braucht uns. Keine Stimmen den Blauen und Braunen!“ lautet der Slogan des Bündnisses von 30 queeren Berliner Institutionen, darunter die Aids-Hilfe, der CSD und das Frauen-Kulturzentrum Begine. In diesem Sinne!

Folge 8: Haben Schwule ein besonders Gespür fürs Schöne?

Folge 7: Haben Homosexuelle Angst vorm Alter?

Folge 6: Verachten Schwule Frauen?

Folge 5: Freuen sich Homos, wenn Heteros auf ihre Partys gehen?

Folge 4: Wie weise ich als Hetero schwule Flirts zurück?

Folge 3: Spielt ihr unsere Rollen?

Folge 2: Wer von beiden wird schwanger?

Folge1: Wärt ihr lieber Hetero?

Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Schreiben Sie uns eine E-Mail an queer@tagesspiegel.de!

Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Themenanregungen und Kritik gern im Kommentarbereich etwas weiter unten auf dieser Seite oder mailen Sie uns an obenstehende Adresse.

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