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Der Stand von Paul Astor auf einem Weihnachtsmarkt in Köln.

© privat

Update

"Schwanz Memory": Berliner Künstler auf schwul-lesbischem Weihnachtsmarkt in Köln "zensiert"

In Berlin hatte der Künstler Paul Astor mit seinem "Schwanz Memory" nie Probleme. Auf einem schwul-lesbischen Weihnachtsmarkt in Köln hat er diese bekommen.

Der Berliner Künstler Paul Astor macht Kunst. Kunst mit gemalten Penissen - als "Schwanz-Memory – designed in Berlin". "Als Geschenkidee“ steht dabei. In Berlin hat er seine Produkte schon auf dem schwul-lesbischen Stadtfest und während des Christopher Street Days verkauft. Bisher hatte er keine Probleme, seine Produkte an die Kunden zu bringen. Dann hat er eine Einladung zum schwul-lesbischen Weihnachtsmarkt „Christmas Avenue“ in Köln erhalten. Es sei eine „super Sache“ für Köln, habe man ihm gesagt.

Dort stand schon zwei Stunden nach Eröffnung des Marktes das Ordnungsamt an Astors Stand. Es habe Beschwerden gegeben, vor allem von Anwohnern. Die Beamten hätten sich verhalten "als würde ich Pornos drehen", sagt Astor dem Tagesspiegel. Es handelt sich um gemalte Bilder, Zeichnungen von Penissen in allen Größen, Formen, Hautfarben und Erregungszuständen - keine Fotos, und Sex ist auch nicht zu sehen. "Das Tabu geschieht im Kopf", meint Astor.

Andere Stände auf der "Christmas Avenue" haben diese Probleme nicht: Ein Stand, bei dem mit Schokolade Geschlechtsteile geformt werden können, ebenso wenig, wie einer, bei dem erotischer Tannenbaumschmuck verkauft wird. Allerdings steht Astor mit seinem Stand direkt vor dem Eingang zu einer Sparkassen-Filiale. Er wurde aufgefordert, seinen Stand zu "zensieren" – andernfalls werde er geräumt und seine Ware konfisziert, so erzählt der Künstler. Ein Sprecher des Kölner Ordnungsamtes sagte dem Kölner "Express": "Dies wirkt grob anstößig, da auch Kinder und Jugendliche ungehinderten Zugang zu diesem Markt haben." Des Weiteren bestehe Verdacht auf Verstoß gegen §184 des Strafgesetzbuches ("Verbreitung pornografischer Schriften").

Die "zensierten" Zeichnungen des Künstlers Paul Astor auf einem Weihnachtsmarkt in Köln.
Die "zensierten" Zeichnungen des Künstlers Paul Astor auf einem Weihnachtsmarkt in Köln.

© privat

Paul Astor.
Paul Astor.

© privat

Also "zensierte" Astor seine Bilder, indem er goldene Folie über die expliziten Stellen klebte. Als Statement für diese Aktion schrieb er den Vermerk: "Zensiert: Ordnungsamt Köln" auf die abgeklebten Genitalien. "Die Menschen bekommen kaum noch mit, was ich da eigentlich verkaufe." Enttäuscht ist er auch von der Stadt: "Köln gilt ja als sehr liberal. Ich hatte das nicht erwartet. In Berlin gibt es selten Probleme dieser Art."

Allerdings, so sagt Astor zugleich, verkaufe er seit der medialen Aufmerksamkeit viel mehr als vorher. "Und dass die Menschen nun darüber diskutieren, das gefällt mir natürlich." Mit seinem Memory wolle er auch Menschen außerhalb der Kunst ansprechen. Und kritisieren, denn Kunst solle immer auch kritisieren: "Frauen werden so oft in der Werbung eingesetzt, und auch in Posen, die ich als Humanist nicht gutheißen kann. Und ich dachte, ich dreh das mal um und schaue, was passiert.“

Am Montagnachmittag jedoch, so berichtet Astor, sei die Polizei im Auftrag eines Staatsanwalts bei ihm am Stand gewesen. Sie hätten eine Reihe Bilder abhängen lassen.

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