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Die Deutsche Polizeigewerkschaft veröffentlichte auf Twitter ein Foto von der Radelandstraße.

© Twitter/ Deutsche Polizeigewerkschaft

Update

Radelandstraße in Berlin-Spandau: Quarantäne in Flüchtlingsheim aufgehoben - keine Tuberkulose

Am Dienstagvormittag wurde die Quarantäne in der Flüchtlingsunterkunft in der Radelandstraße wieder aufgehoben. Der Tuberkuloseverdacht bestätigte sich nicht. Die Flüchtlinge sollen nach Tempelhof verlegt werden.

Der Tuberkuloseverdacht in einer Flüchtlingsunterkunft in der Radelandstraße im Spandauer Ortsteil Hakenfelde hat sich nicht bestätigt. Wie die Polizei mitteilte, stellte sich der Verdacht auf offene Tuberkulose bei einem Flüchtling als grippaler Infekt heraus. Die Polizeisporthalle war am Wochenende kurzfristig mit mehreren hundert Flüchtlingen belegt worden. Nachdem mehrere Flüchtlinge am Montag erkrankt waren, war eine Not-Quarantäne über die Bewohner der Halle verhängt worden.

Krätze ja, Tuberkulose nein

Laut Feuerwehr mussten am Montag insgesamt acht Flüchtlinge wegen des Verdachts auf Tuberkulose und Krätze ins Krankenhaus gebracht werden. Nach Polizeiangaben wurde in mehreren Fällen ein Befall mit Krätzemilben festgestellt.

Wie berichtet, war die Halle am Montagnachmittag um 17 Uhr geschlossen worden. Die Feuerwehr war zuvor seit 15 Uhr im Dauereinsatz gewesen. Binnen zwei Stunden mussten sieben Kinder in eine Klinik gebracht werden. Später kam ein Erwachsener mit blutigem Husten und TBC-Verdacht ins Krankenhaus, ein weiterer Erwachsener mit unklaren Krankheitssymptomen. Um 20 Uhr mussten erneut zwei Kinder ärztlich versorgt werden. Laut Feuerwehr wurde der letzte Einsatz am Dienstagabend erst nach Mitternacht gefahren.

Sporthalle ist keine Dauerlösung

Die Sporthalle der Polizeidirektion 2 war am Samstag mit rund 300 Flüchtlingen belegt worden. Die Halle sei "keine Dauerlösung", hatte es geheißen. Deshalb war die Sporthalle lediglich mit Matratzen ausgelegt worden.

Man habe die Halle auch aus Fürsorge gegenüber den eigenen Kollegen vorerst geschlossen, hatte ein Polizeisprecher am Montag gesagt. Auf Twitter schrieb die Gewerkschaft der Polizei, dass die Quarantäne bis mindestens Dienstag früh um neun Uhr anhalten werde. Im Laufe des Dienstagvormittags wurde dann Entwarnung gegeben. Die Flüchtlinge waren bis dahin von 14 Polizisten verpflegt und bewacht worden.

GdP: "Wir wurden überrascht"

Ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte am Dienstag, dass man nicht von der bevorstehenden Einquartierung der Flüchtlinge informiert worden sei. "Die Einquartierung hat uns genauso überrascht wie alle anderen", sagte Matthias Weitemeier, Vorsitzender der Bezirksgruppe der betroffenen Polizeidirektion 2.

Zwar sei die Halle als Notlösung vorgehalten worden, niemand habe aber damit gerechnet, dass eine Belegung so schnell erfolge. Weitemeier bemängelte, dass offenbar weder ein Gesundheits- noch ein Sicherheitscheck vorgenommen wurde, bevor die Flüchtlinge in die Radelandstraße gebracht wurden.

"Wenn man Flüchtlinge in Polizeiliegenschaften unterbringt, dann kann man die doch nicht ernsthaft unkontrolliert lassen. Am Anfang wusste man noch nicht einmal, wie viele Flüchtlinge überhaupt in der Halle waren," sagte Weitemeier. Es habe an Babynahrung, an Toiletten und an Dolmetschern gehapert.

In einer am Dienstagmittag verbreiteten Erklärung erhob der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Detlef Herrmann weitere Vorwürfe. "Unsere Kollegen wurden nur sehr lückenhaft über eventuelle Gesundheitsrisiken und geeignete Schutzmaßnahmen informiert", sagt er. Zwar sei darauf hingewiesen worden, dass ein Mundschutz zu tragen sei; allerdings habe es zunächst keine Schutzanzüge gegeben. Für eine Einweisung in die Benutzung der Schutzanzüge sei keine Zeit gewesen.

"Unsere Kräfte werden mit der Situation alleine gelassen und sind völlig unvorbereitet in diesen Einsatz geschickt worden", sagte Herrmann. Es sei nicht Aufgabe der Polizei, "Notbetten aufzubauen, für Essen und Getränke zu sorgen, die Müllabfuhr zu organisieren und sich um Spielmöglichkeiten für Kinder zu sorgen. Genau das tun unsere Kollegen jedoch", sagte Herrmann. Die Senatsinnenverwaltung und der Koordinierungsstab für Flüchtlinge seien in der Pflicht, so Herrmann.

Innenverwaltung: "Wir sind auch irritiert"

Polizeisprecher Stefan Redlich sagte am Dienstagnachmittag, dass es "praktisch keine logistische Hilfe" gegeben habe. "Wir haben dem Landungskoordinierungsstab in einer äußerst schwierigen Situation ausgeholfen", hieß es. "Man hat uns gefragt, ob wir die Halle hergeben können - das haben wir getan."

Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) wies die Verantwortung für das Chaos ebenfalls dem Landeskoordinierungsstab zu. "Wir sind auch irritiert darüber, dass die Polizistinnen und Polizisten vor Ort allein gelassen werden und sich um alles kümmern müssen. Die Polizei ist kein Betreiber von Flüchtlingsheimen. Wir erwarten, dass diese unhaltbare Situation ganz schnell ein Ende hat." Der Standort sei als Flüchtlingsunterkunft "denkbar ungeeignet", sagte Krömer, "das hätte Herr Glietsch als ehemaliger Polizeipräsident auch wissen können."

Polizeiintern wurde seit Tagen aus Sicherheitsgründen vor der Nutzung des Geländes gewarnt. Auf dem Gelände gibt es eine Waffenkammer und mehrere - nacuf dem Gelände gibt es eine Waffenkammer und mehrere - nach Angaben der Polizei allerdings leere - Munitionsbunker.

Flüchtlingsstab: "Wir befinden uns in einer Notsituation"

Beim Landeskoordinierungsstab warb man am Dienstag für Verständnis. Man befinde sich in einer Notsituation, hieß es. "Wir tun, was wir können, aber wir hatten keine anderen Platzkapazitäten", sagte eine Sprecherin. Die Ereignisse in Hakenfelde seien "Ausdruck der derzeitig angespannten Situation". Es sei nur darum gegangen, die Flüchtlinge nicht obdachlos werden zu lassen. Die Flüchtlinge sollen nach Auskunft der Sprecherin entweder am Dienstagabend oder am Mittwoch zum Flughafen Tempelhof verlegt werden - diesmal allerdings erst, nachdem die Vorbereitungen auf die Ankunft der Flüchtlinge abgeschlossen sind.

Bezirksamt: Es gab keine Quarantäne

Das Bezirksamt Spandau dementierte am Dienstag, dass eine Quarantäne verhängt worden sei. "Eine Quarantäne oder eine Aufnahme- und Verlegungsstopp wurde von der Amtsärztin nicht ausgesprochen. Hierzu besteht keine Veranlassung, da ein Infektionsrisiko für die Bevölkerung ausgeschlossen ist", hieß es. Die Person, die unter TBC-Verdacht gestanden habe, sei lediglich an einem viralen Infekt der oberen Atemwege erkrankt. (mit dpa)

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