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In den Fußgängertunneln ist noch viel Platz.

© dpa/Patrick Pleul

Radfahren in Berlin: Berlins Fußgängertunnel könnten Fahrradparkhäuser werden

In Berlins Untergrund könnten regen- und diebstahlsichere Parkhäuser für Räder entstehen. Ein Blick in die Tiefen von Schöneweide, ICC und Hauptbahnhof.

„Angstraum“, „Schmuddelecke“, „Schandfleck“ – eine kurze Aufzählung der Attribute zum Fußgängertunnel am ICC. Am Alexanderplatz wurde ein ähnlicher Tunnel bereits geschlossen, auch an der Greifswalder Straße wird eine oberirdische Alternative für den Fußgängertunnel zwischen S-Bahn und Tram gesucht. Der Tunnel am S-Bahnhof Schöneweide ist nach einem Brandanschlag seit Monaten gesperrt. Generell hat sich bei Stadtplanern längst die Einschätzung durchgesetzt, dass Unterführungen als Erbe des autogerechten Stadtumbaus der 1960er Jahre nicht mehr zeitgemäß sind. Fußgänger lassen sich ungern unter die Erde schicken, schon gar nicht, wenn es dort schummrig ist oder nach Urin stinkt.

Und was tun? Einfach zuschütten und vergessen? In Schöneweide gibt es jetzt einen sinnvollen Nachnutzungsvorschlag: ein Fahrradparkhaus einrichten. Dafür haben sich unabhängig voneinander der ADFC Treptow-Köpenick und der Abgeordnete Lars Düsterhöft (SPD) ausgesprochen. Düsterhöft weiß von einem Prüfauftrag an die InfraVelo GmbH, die für den Senat Radverkehrsprojekte planen und umsetzen soll. Dabei geht es um mögliche Standorte für Fahrradparkhäuser, auch konkret um den Tunnel in Schöneweide.

Tunnel am ICC

Die Lösung hätte den Charme, dass der akute Mangel an Fahrradabstellbügeln behoben würde und das ungeliebte Bauwerk ein positives Image bekäme. Der Tunnel soll eigentlich noch in diesem Herbst saniert und wiedereröffnet werden, allerdings nur für die nächsten Jahre. Nach dem Umbau des Bahnhofvorplatzes inklusive Versetzen der Tramgleise, geplant irgendwann ab 2023, sollen Fußgänger die breite Michael-Brückner-Straße am Bahnhof wieder oberirdisch queren können, der Tunnel wäre dann überflüssig – aber eben doch ein trockener, geschützter Raum für Räder.

Auch für den Tunnel am ICC, dessen breite Flächen gerne von Skateboardern und Filmemachern genutzt werden, wäre ein Fahrradparkhaus für S-Bahn-Pendler eine würdige Nachnutzung. Hier wäre auch Platz für abschließbare Fahrradboxen oder einen bewachten Radparkplatz nach holländischem Vorbild. Die Einnahmen fürs Abstellen könnten zumindest einen Teil der Unterhaltskosten von 345 000 Euro im Jahr wieder einspielen.

Brandenburg hat bereits ein Parkhaus für Fahrräder, und zwar in Bernau.
Brandenburg hat bereits ein Parkhaus für Fahrräder, und zwar in Bernau.

© Patrick Pleul

Verbindungstunnel unter der Greifswalder Straße

An der Greifswalder Straße untersucht die BVG derzeit, wie man die Umsteiger zwischen S-Bahn und Tram barrierefrei hin- und herleiten kann. Derzeit werden die Fahrgäste vom S-Bahndamm direkt in die Tiefe geführt, also zunächst die Treppe runter in den Verbindungstunnel unter der Greifswalder Straße, am Ende dann wieder rauf. Viele meiden die Treppen, da „sogenannte ‘verlorene’ Höhen überwunden werden müssen“, heißt es in einer Antwort der Verkehrsverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tino Schopf. Auch hier gibt es den Vorschlag, den Tunnel künftig für Fahrräder zu nutzen. „Persönlich kann ich mir das sehr gut vorstellen“, sagte Schopf dem Tagesspiegel. Auch dieser Tunnel ist stark sanierungsbedürftig – parallel könnte der Umbau zum Radparkhaus erfolgen.

Oberirdische Parkhäuser sind bereits am S-Bahnhof Zehlendorf und am Ostkreuz geplant, an vielen weiteren S-Bahnstationen sollen Doppelstockanlagen und zusätzliche Bügel installiert werden. Zu besichtigen sind Parkhäuser für Räder vor allem in Holland und inzwischen auch in Bernau.

Parkhaus für Fahrräder auf dem Europaplatz?

Anfang des Jahres hatte die Senatsverwaltung für Verkehr aufgerufen, mögliche Standorte für Fahrradbügel zu melden – von der Resonanz war die Verwaltung selber überrascht. Innerhalb von vier Wochen gingen 1055 Vorschläge ein. Favorisierte Standorte waren Haltestellen von S- und U-Bahn, Bus und Tram, Shopping-Center, Schulen sowie Jugend- und Freizeiteinrichtungen.

Um das Radchaos am Hauptbahnhof der Fahrradstadt Münster in Westfalen zu entschärfen, hat die Stadt 2000 zusätzliche Abstellplätze in einer Unterführung aufgestellt. Die temporäre Lösung könnte sich dauerhaft durchsetzen. Am Berliner Hauptbahnhof sind Abstellplätze für Fahrräder ebenfalls Mangelware. Die Bezirksverordneten von Mitte haben den Senat und die Bahn aufgefordert, für Abhilfe zu sorgen. Das Parkhaus für Fahrräder könnte auf dem Europaplatz errichtet werden – oder auf einer Teilfläche der Tiefgarage für Autos. Auch hier prüft die InfraVelo. Die Senatsverwaltung für Verkehr ist offenbar im Tunnel abgetaucht – eine vor Tagen gestellte Anfrage blieb ohne Antwort.

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