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Berlin: "Radio Germania" erst einmal still - Medienrat entscheidet morgen über Ausschluss von Offenem Kanal

Der seit Jahren schwelende Streit um die Ausstrahlung von Radio Germania im Kabelnetz des Offenen Kanals hat durch ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts gestern neuen Zündstoff erhalten. Danach darf die zum Teil von Rechtsextremen produzierte Sendung vorläufig nicht mehr laufen.

Der seit Jahren schwelende Streit um die Ausstrahlung von Radio Germania im Kabelnetz des Offenen Kanals hat durch ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts gestern neuen Zündstoff erhalten. Danach darf die zum Teil von Rechtsextremen produzierte Sendung vorläufig nicht mehr laufen. Am Freitag will der Medienrat über den von der Landesmedienanstalt betriebenen zeitweiligen Ausschluss des Programms vom Offenen Kanal entscheiden. Das Verfahren war nach Angaben der Sprecherin der Anstalt, Susanne Grams, eingeleitet worden, nachdem Radio Germania im Oktober ein indiziertes Lied abgespielt hatte. Die Richter wiesen mit ihrem Urteil einen Eilantrag der Radiomacher auf weitere Sendezeit ab.

Radio Germania lief mit einjähriger Unterbrechung seit April 1996 in mehrwöchigen Abständen im gebührenfinanzierten Offenen Kanal. Laut Rundfunkstaatsvertrag darf dort jedermann seine Anliegen und Meinungen in Beiträgen kundtun. Radio Germania tut das unter anderem, indem es seine Hörer mit "Heil euch, Kameraden" begrüßt. Die Produzenten nennen sich auf ihrer Internetseite "Nationale Sozialisten". Teilweise werden sie vom Verfassungschutz beobachtet. Ihr Anliegen ist es eigenen Angaben zufolge, "eine nationale Radiosendung" in den "deutschfeindlichen Medienwirrwarr" einzubringen. In der Sendung läuft Musik von Gruppen wie "Landser", "Reichssturm", "Legion Ost" oder "Volkszorn". Von Anfang 1997 bis Anfang 1998 war Radio Germania schon einmal wegen jugendgefährdender Inhalte vom Offenen Kanal ausgeschlossen worden. Im jüngsten Fall ist die Landesmedienanstalt der Auffassung, die Oktober-Sendung habe gegen den Medienstaatsvertrag verstoßen, wonach unter anderem Inhalte unzulässig sind, die "zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln".

Die Radiomacher achteten nach Angaben von Alice Ströver, medienpolitischer Sprecherin der Grünen im Abgeordentenhaus, allerdings genau darauf, strafrechtlich relevante Äußerungen zu vermeiden. Sie bezeichnete den Streit als "Abwägungsfrage" zwischen Meinungsfreiheit und dem Bemühen, gegen neonazistische Umtriebe auf Kosten der Gebührenzahler vorzugehen. Sie forderte die Medienanstalt auf, über das Strafrecht hinaus gehende Sanktionsmöglichkeiten, etwa des Rundfunkstaatsvertrages, konsequenter auszuschöpfen.

Ströver beobachtet aber auch Versuche im "politischen Raum", sich den "alten Streit" um Radio Germania zunutze zu machen, um den Offenen Kanal "als ganzes zu diskreditieren". Hintergrund solcher Versuche könnte das Anliegen sein, bei der begrenzten Zahl von Fernsehkanälen Platz für kommerzielle Sender, etwa für den neuen Nachrichtenkanal N24, zu machen.

tob

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