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Radtour auf der Avus: Klingeln ohne Pause

Viele Berliner nutzten die autofreien Sonntage im Winter 1973 zu einer ganz speziellen Radtour. Eine Erinnerung.

Auf der Avus mit dem Fahrrad? Dort, wo normalerweise Autos zu Tausenden über den Asphalt rasen? Eigentlich unvorstellbar! Doch selbst das Unwahrscheinliche, ja das Unmögliche passiert manchmal. Der Grund für dieses außergewöhnliche Happening war allerdings, wenn ich mich recht erinnere, eher ein problematischer. Kurz zuvor hatten einige mächtige arabische Scheichs beschlossen, die Ölförderung zu drosseln. Das sagte mir damals zwar herzlich wenig, doch mein Vater machte einige Tage ein ernstes Gesicht. Das könne alles ganz schnell in einem Nahostkrieg enden, dozierte er. Vielleicht drohe sogar Schlimmeres. Die Region sei ein Pulverfass, und dort stünden sich – Kalter Krieg! – Amerikaner und Russen mehr oder weniger direkt gegenüber. Aber an diesem Tag war mir das Politische recht schnuppe. Entscheidend war, dass die ganze Familie sich auf die Räder schwang, erst die Onkel- Tom-Straße entlangfuhr, dann den Hüttenweg hoch und rauf auf die Avus. Und dort hatte sich ganz Berlin versammelt. Richtig gut gelaunte Radfahrer, wohin man schaute. Und noch etwas ist mir heute noch sehr präsent: Es war schön laut – dank der Klingeln, die ohne Pause betätigt wurden. Ein herrlicher Straßensound.

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