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Die zwei von der Zankstelle. Raed Saleh (links) und Jan Stöß.

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Raed Saleh und Jan Stöß im Portrait: SPD in Berlin: Ein Gewinner, ein Verlierer

Jan Stöß spottet auf Twitter, Raed Saleh braucht Pannenhilfe: Wie die beiden SPD-Politiker wurden, was sie heute sind. Und welche Fehler gemacht wurden. Zwei Portraits.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Er ist der vorläufige Gewinner: Jan Stöß. Keine Ahnung, wie es war, als Jan Stöß noch zur Schule ging. Aber auch nach der Ausbildung zum Volljuristen und Verwaltungsrichter verhält sich der SPD-Landeschef manchmal noch wie ein kampflustiger Raufbold. Kaum hatte der innerparteiliche Konkurrent Raed Saleh einen Rückzieher gemacht, präsentierte sich Stöß als Alphatier in Siegerpose. Mit einer besonders hübschen Formulierung auf Twitter. „Manche denken wohl wie die Schalke-Legende Rolf Rüssmann“, spottete der SPD-Landesvorsitzende am Montag in Richtung Saleh. „Wenn wir nicht gewinnen können, treten wir wenigstens den Rasen kaputt.“

An anderer Stelle kommentierte Stöß den Verzicht des Fraktionschefs auf eine Gegenkandidatur für den SPD-Landesvorsitz mit den Worten: „Dafür war es auch höchste Zeit.“ Um anschließend kundzutun, dass man als Parteivorsitzender manchmal „wie ein Baum stehen muss“. Eiche oder Zimmerlinde, das ließ Stöß offen. Das wird sich wohl auch erst in der Zukunft erweisen. Bisher hat der gesellige und lebensfrohe Zweimeter-Mensch, der am liebsten nach Spanien in den Urlaub fährt, gern radelt und im Schöneberger Kiez wohnt, politische Steherqualitäten bewiesen.

Und er hat gezeigt, dass er notfalls auch austeilen und tricksen kann – und dass er die eigenen Ziele konsequent verfolgt. Da steht er Saleh nicht nach. Vor zwei Jahren hatten beide Kontrahenten noch in guter Eintracht den langjährigen SPD-Landeschef Michael Müller entmachtet. Auch damals ging es bei der Organisierung innerparteilicher Mehrheiten nicht besonders feinfühlig zu. Aber 2012 störte der Machtkampf zugunsten von Stöß (und Saleh) keinen Wahlkampf – und die Partei hatte noch ausreichend Gelegenheit, den Führungswechsel im Vorfeld ausreichend zu diskutieren.

Raed Saleh im Portrait: der vorläufige Verlierer

Die zwei von der Zankstelle. Raed Saleh (links) und Jan Stöß.
Die zwei von der Zankstelle. Raed Saleh (links) und Jan Stöß.

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Er ist der vorläufige Verlierer: Raed Saleh. Einst hatte ihm die Lehrerin geraten, sich mit der Hauptschule zu begnügen. „Da bist du mit deinen Türken zusammen“, soll sie gesagt haben. Abgesehen davon, dass Raed Saleh palästinensischer Herkunft ist, rechnete damals wohl niemand mit seinem eisernen Aufstiegswillen. Zwar brach er nach einigen Semestern ein Medizinstudium ab, wurde Geschäftsführer eines Fastfood-Unternehmens und gründete schließlich das Online-Druckereinetzwerk Marlando.

Aber dieser bescheidenen beruflichen Karriere folgte ab 2006 der höchst erfolgreiche Wechsel in die Landespolitik. Schon sechs Jahre später leitete Saleh die Abgeordnetenhausfraktion, er ist SPD-Kreischef in Spandau und bereitet sich darauf vor, Spitzenkandidat seiner Partei für die Abgeordnetenhauswahl 2016 zu werden. Aber nun ist ihm zum ersten Mal eine schwere Panne passiert.

Seit vielen Wochen schon, so heißt es jetzt, habe Saleh damit kokettiert, auch den Parteivorsitz an sich zu reißen. Dabei leitete ihn offenbar die feste Überzeugung, die Mehrheit der Parteitagsdelegierten still und leise hinter sich versammeln zu können. Denn Saleh liebt den Überraschungseffekt. Am liebsten hätte er im Handstreich kandidiert und gewonnen, bevor die Genossen so richtig begriffen, was passiert. Partei und Öffentlichkeit lullte der SPD-Mann in den letzten zwei Wochen mit gestanzten Worthülsen ein, aber er machte die Rechnung ohne den zunehmend basisdemokratisch orientierten Landesverband. Salehs ausgeprägter Hang, sich an Freund-Feind-Mustern zu orientieren, Strippen zu ziehen und politische Posten wie auf einem Markt auszuhandeln, wurde ihm dieses Mal zum Verhängnis. Der Verzicht auf die Vorstandskandidatur ist eine schwere Niederlage. Aber wer glaubt, dass Saleh jetzt aufgibt, kennt ihn schlecht.

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