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Berlin: Rätsel um die Lancaster

Besatzung des jetzt entdeckten Kriegsbombers wurde 1944 geborgen – doch wo ist der Sprengstoff?

Treuenbrietzen – Langsam lüften sich die Geheimnisse um das am Rande von Treuenbrietzen im Schlamm entdeckte Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg. So steht seit Freitag fest, dass sich die sterblichen Überreste der siebenköpfigen Besatzung des britischen Bombers vom Typ „Lancaster“ nicht mehr in der Maschine befinden. „Wir haben Flugberichte der Royal Air Force studiert und kennen das Schicksal der Piloten und Bordschützen des über unserer Stadt am 24. März 1944 abgeschossenen Flugzeuges“, sagte Heimatchronist Wolfgang Ucksche dem Tagesspiegel. Demnach wurden sechs Leichen zunächst auf dem Treuenbrietzener Friedhof in die Erde gebracht. Nach Kriegsende ordneten die britischen Behörden die Exhumierung an, um die zwischen 20 und 27 Jahre alten Opfer aus Großbritannien und Kanada in Berlin zentral zu bestatten. Lediglich Conrad Melvin Torget habe den Abschuss des Bombers durch deutsche Kampfjäger überlebt. Der Brite kam in das Kriegsgefangenenlager Barth in der Nähe der Ostsee. Erst vor zwei Jahren war er in seiner Heimat gestorben.

Noch offen ist die Frage, ob sich die Fracht – 6000 Kilogramm Bombenlast – im Boden befindet. „Wir wissen nicht, ob sich die ‚Lancaster‘ damals auf dem Flug nach Berlin befand, oder bereits den Rückweg nach England angetreten hatte“, erzählt der Heimatforscher Ucksche. Die Augenzeugenberichte würden sich da erheblich widersprechen. Von dieser Antwort hängen aber die weiteren Ausmaße der Absperrungen rund um den Fundort ab. Bis jetzt schließen die Behörden nicht aus, dass sich in der bei Bauarbeiten entdeckten Grube noch gefährliche Munition befindet. Mit der eigentlichen Bergung der Maschine soll Anfang nächster Woche begonnen werden.

Inzwischen steht fest, dass die Maschine an einer der größten Bombardements Berlins beteiligt gewesen war. Nach den Unterlagen der Royal Air Force hatten am 24. März 1944 insgesamt 811 Flugzeuge von England aus mit einer insgesamt 2433 Tonnen schweren Bombenlast Kurs auf Berlin genommen. Sie sollten Ziele in Mitte, Wedding und Kreuzberg angreifen. Doch die deutschen Kampfjäger bekämpften den Bomberverband. Die Briten verloren durch sie und durch Flak-Abwehr an der Stadtgrenze rund 85 Maschinen. In ihrer Kriegschronik hat der Angriff auf Berlin sogar einen eigenen Namen erhalten: „Nacht der starken Winde.“ Sturm aus dem Norden behinderte damals die Flieger.Claus-Dieter Steyer

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