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Räumung Brunnenstraße: Hausbesetzer demonstrieren quer durch den Kiez

Am Mittwochabend zogen 750 Personen durch Mitte. Die Polizei erwartet weitere Aktionen der linken Szene. Autonome hatten bereits zuvor einen "heißen Winter" angekündigt.

Ein brennender Polizeiwagen in Lichtenberg, eine versuchte Autobrandstiftung in Neukölln und Barrikaden in Prenzlauer Berg und Friedrichshain – die erste Nacht nach der Räumung eines alternativen Wohnprojekts in der Brunnenstraße in Mitte war möglicherweise nur ein Vorgeschmack auf die nächsten Wochen. Die Polizei rechnet mit weiteren Aktionen der linken Szene. Gleich zwei Hausbesetzer-Demos standen an: Am Mittwochabend zogen gegen 21 Uhr nach Angaben der Polizei rund 750 Personen vom Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg los. Es ging quer durch den Kiez über die Schönhauser Allee zum Nordbahnhof. Die Demo war erst nicht angemeldet. 450 Beamten begleiteten den Zug vorn und hinten, liefen als Zivilbeamte mit.

Der Zug führte in der Nähe des geräumten Hauses in der Brunnenstraße vorbei. Die Polizei sperrte daraufhin den Weg zum einst besetzten Haus mit mehreren Einsatzfahrzeugen. Die Stimmung war zuletzt gereizt, bis 23 Uhr blieb indes alles friedlich. Zu Beginn hatte es eine Rangelei gegeben, da die Teilnehmer des Umzuges eine andere als die angemeldete Route einschlagen wollten. Laut Polizei suchte sich der Einsatzleiter einen Ansprechpartner in der Menge, beide sprachen dann die Route ab. Heute wird für 19 Uhr zum Oranienplatz in Kreuzberg mobilisiert, laut Polizei sind 1500 Teilnehmer avisiert. „Jede Räumung hat ihren Preis und wir bestimmen welchen!“, heißt es auf Plakaten.

Wie berichtet, hatten am Dienstag über 600 Polizisten das Gebäude in der Brunnenstraße gestürmt und die Personalien von 22 Menschen aufgenommen. Darunter waren auch Letten, Engländer und Italiener. „Alle sind wieder auf freiem Fuß“, sagte gestern eine Polizeisprecherin. Die Bewohner hatten keinen Widerstand geleistet. Die Polizei leitete 15 Strafverfahren ein, etwa wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung, Verstoßes gegen das Waffengesetz, unberechtigter Stromnutzung.

Als „Unsinn“ bezeichnete der Anwalt der Bewohner, Moritz Heusinger, Berichte, nach denen es sich bei den Personen im Haus mehrheitlich um illegal eingereiste Osteuropäer handeln soll. „Das größte Problem ist, dass meine Mandanten nicht ins Haus gelassen werden, um ihre Sachen zu holen“, sagte Heusinger.

Die Bewohner der Brunnenstraße 183 bezeichneten den Polizeieinsatz als rechtswidrig. Es habe nur Räumungstitel für fünf Wohnungen gegeben. „Ich verstehe nicht, warum gleich das ganze Haus geräumt wurde“, sagte der grüne Innenpolitiker Benedikt Lux. Um eine Wiederbesetzung zu verhindern, machten Arbeiter das Haus unbewohnbar: Fast alle Fensterrahmen und Türen wurden entfernt.

Mehr als zwei Jahre hatten Bezirksverwaltung, Eigentümer und Vertreter des Wohnprojekts verhandelt. Laut Besitzer des Hauses, Manfred Kronawitter, sollte es durch ein Ringgeschäft mit dem Bezirk an die Bewohner verkauft werden. Am Ende platzte der Tausch. Die überraschende Räumung der Brunnenstraße sorgte für Unruhe in der Szene. Viele befürchten nun die Räumung des Wohnprojekts in der Liebigstraße 14 in Friedrichshain. Laut Polizei liegt keine Anfrage des Gerichtsvollziehers vor. Die Eigentümer Edwin Thöne und Suitbert Beulker waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. jra, hah, kög, ddp

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