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Auch im Roten Rathaus wurde das Fasten gebrochen. Eingeladen dazu war auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller.

© DAVIDS/Gerald Matzka

Ramadan in Berlin: Müller zu Gast beim Fastenbrechen im Roten Rathaus

Normalerweise ist Michael Müller Hausherr im Roten Rathaus. An Freitagabend war er dort von jungen Muslimen zum Fastenbrechen eingeladen worden.

Berlin, Damaskus und Kairo verbinden heute Abend zumindest die Temperaturen. Auch in den Hallen des Roten Rathauses ist kaum Abkühlung von der Hitze des Tages zu finden. Hierher hat die Organisation Juma eingeladen, zum gemeinsamen Iftar, dem abendlichen Fastenbrechen im Ramadan, an dem auch der regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) teilnimmt. Auf den Tischen stehen Datteln, doch noch will sie keiner anrühren.

Juma, das steht für jung, muslimisch, aktiv und ist ein Projekt junger Musliminnen und Muslime, die sich zivilgesellschaftlich engagieren. Heute feiern sie fünfjähriges Bestehen und ihre Vereinsgründung. Für viele hier war und ist das Projekt, dass von der Robert Bosch Stiftung und von der Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e.V. (RAA) gefördert wird, ein Ort um Gehör zu finden, sich auszutauschen, gemeinsam etwas zu bewegen.

Sawsan Chebli, hat Juma vor fünf Jahren ins Leben gerufen. Heute ist sie Stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes. “Die Abstimmung in Großbritannien heute, hat uns klar gezeigt, wie wichtig es ist, dass jeder Haltung zeigt”, sagt sie. “Wir dürfen uns unser Deutschland, unser Europa nicht kaputt machen lassen”. Applaus im Saal. Juma war von Anfang an ein Projekt mit Haltung. Gegründet vor dem Hintergrund der Sarrazin-Debatte, will es junge Muslime für gesellschaftliche Projekte gewinnen.

"Haben Sie Cousinen, die noch nicht verheiratet sind?"

Vermitteln und verbinden, dass schafft der Comedian Khalid Bounouar, selbst ehemaliges Juma-Mitglied und heute bei Rebell Comedy. “Wer hat hier einen deutschen Pass?”, fragt er in die Runde. Viele Hände gehen in die Höhe. “Und wer hat keinen?” Einige wenige heben die Hand. “Mein Onkel kann das klarmachen”, sagt Bounouar. Über sich selbst lachen, das klappt hier gut. Mittlerweile ist auch Michael Müller eingetroffen. Bounouar wendet sich direkt an ihn. “Sie sehen aus, als wenn Sie wichtig sind. Mit dem Jacket und so. Was sind Sie von Beruf?” Und nach Müllers Antwort: “Echt? Bürgermeister? Ey, können Sie mir da mit ein paar Pässen helfen? Oder haben sie Cousinen, die noch nicht verheiratet sind?” Gelächter im Saal.

Müller findet ernste Worte

Wie Chebil, findet aber auch Müller ernste Worte. “Juma ist etwas, das zutiefst benötigt wird. Wir erleben gerade Zeiten tiefer Unsicherheit”, sagt er. Jetzt sei die Zeit um aktiv zu sein. Der Ramadan, als Zeit der Versöhnung, bilde dafür einen guten Rahmen. Eines ist ihm noch besonders wichtig: “Wählt in drei Monaten eine demokratische Partei!”

Hunger und Durst sind langsam auf den Gesichtern ringsum abzulesen, lange wird es nicht mehr dauern. Mohamed Matar betritt die Bühne und es wird ganz still. Jemand hat die Fenster geöffnet, ein leichter Wind weht durch den Saal. Matar zitiert Koranverse. Seine Stimme trägt durch den Raum und lässt arabische Worte von den großen Glasfenstern wiederhallen. Durch die Flügeltüren dringt der Geruch des Essens, die ersten Gäste gießen sich Wasser in ihre Gläser. In dem, was Matar singt, geht es um Heimat, einen Ort an dem man akzeptiert wird, sich verwurzeln kann. Doch es heißt darin auch: “Der Mensch ist fürwahr höchst beharrlich in seinem Unrechttun.” Es ist 21.39 Uhr, als der Erste nach einer Dattel greift.

Pascale Müller

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