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Berlin: Rat Pack Lounge

Sagen wir es mal so: Vor einem knappen halben Jahrhundert trieb sich ein Männerquintett in Las Vegas herum, trug allerlei Liedchen vor und rüpelte sich durch Partys. Dieses Verhalten hätte im damaligen Amerika normalerweise regelmäßigen Zwangsurlaub hinter Gittern zur Folge haben müssen, doch bei unseren Mannen war es anders: Es wurde gefeiert, geliebt, vergöttert.

Von Frank Jansen

Sagen wir es mal so: Vor einem knappen halben Jahrhundert trieb sich ein Männerquintett in Las Vegas herum, trug allerlei Liedchen vor und rüpelte sich durch Partys. Dieses Verhalten hätte im damaligen Amerika normalerweise regelmäßigen Zwangsurlaub hinter Gittern zur Folge haben müssen, doch bei unseren Mannen war es anders: Es wurde gefeiert, geliebt, vergöttert. Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis jr., Peter Lawford und Joey Bishop waren die Edelflegel der Nation.

Und werden als solche, selbstredend auch vom drinking man, immer noch gebührend bewundert. Da muss also eine Berliner Bar, die sich Rat Pack Lounge nennt, ein spezielles Aroma zu bieten haben. Und das in Kreuzberg. Aber warum nicht? Gerade hier, wo schrilles Rüpeln als Kulturgut gilt?

Der allerallererste Eindruck weckte auch Hoffnung. Das große, nierentisch- artige gelb-rote Logo, das an der Fassade hängt, ist klasse. Als drinking man und compañera die Bar betraten, gerieten sie allerdings ins Sinnieren. Sicher, da hängen zwei Sinatra-Porträts im Warhol-Stil, aber der Tresen wirkt wie vom Heimwerker gebastelt. Im hinteren Raum stehen altdeutsche Kneipenstühle, die schwarz oder weiß oder schwarz-weiß bemalt sind.

An den Wänden hängen größere, naiv gepinselte Bilder von Gerhard Tenzer. Zu sehen sind vor allem verfettete Menschen, die es ans Meer zieht. Außerdem wurden knapp unter die Decke zwei größere Mercedes-Sterne drapiert, die einst an Kühlern geprangt haben müssen. Licht spendeten unter anderem orange schimmernde Salzsteinleuchten.

Es scheint sich also bei diesem Lokal um die kieztypisch „proletarisierte“ Variante einer Lounge zu handeln. Und am Abend des Besuches von drinking man und compañera auch ohne den Sound des Rat Pack. Zu hören war vor allem eine deutschsprachige Politfolk-Band. Sinatra hätte die Mafia alarmiert.

Eine kleine, sehr agile Keeperella brachte einen Southern Comfort Sour, dem zunächst der Orangensaft fehlte. Die Dame stürzte nach etwa zehn Minuten herbei, riss den Drink wieder an sich und füllte den Saft nach. Der Frozen Daiquiri hingegen war von Beginn an komplett, wenn auch allenfalls als Rohform des Originals zu erkennen. Dafür aber, so die compañera, „sehr sprittig“. Ohne Einwände ließ sich der Side Car genießen. Der alkoholfreie Lemon Squash, offenbar eine Eigenkreation der Keeperella, geriet supersauer.

Der drinking man nahm nun an, die compañera würde die Rat Pack Lounge als besonders dreisten Etikettenschwindel verunglimpfen. Doch es kam ganz anders. „Ist doch witzig hier“, war nur zu hören, kein böses Wort. Recht hat sie, die compañera. Eine Rat Pack Lounge in Kreuzberg ist natürlich mehr Kreuzberg als Rat Pack. So what?

Rat Pack Lounge, Yorckstraße 15, Kreuzberg, Mobiltel.: 0175 - 489 32 08, ab 17 Uhr

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