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Berlin: Ratlose Jobcenter

Antragsflut zum Bildungspaket erwartet Noch immer sind viele Fragen ungeklärt

Die zwölf Berliner Jobcenter müssen sich im April auf eine Antragsflut für Leistungen aus dem Bildungspaket für die rund 200 000 Kinder aus einkommensschwachen Familien einstellen. Am Dienstag wurde bekannt, dass Eltern nur einen Monat dafür Zeit haben, um rückwirkend zum Jahresanfang Zuschüsse wie für das Schulmittagessen, die Mitgliedschaft in Vereinen, den Musikunterricht, Nachhilfe, Schulausflüge oder Fahrten zur Schule zu bekommen. Bis zum 30. April müssen die Anträge vorliegen, sonst verfallen die Ansprüche. Allerdings gibt es noch kein Antragsformular. In den Jobcentern herrschte gestern Ratlosigkeit. Einzelheiten wolle der Senat am Freitag bekannt geben, sagt der Sprecher der Bildungsverwaltung, Christian Walther.

Heute sollen sämtliche Trägerversammlungen der Jobcenter das zwischen Senat und der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit abgestimmte Verfahren beschließen. Verantwortlich ist der Senat, der sich gestern in seiner Sitzung mit dem Thema beschäftigte und der das Bundesprogramm über die Bezirke in den gemeinsam mit der Arbeitsagentur betriebenen Jobcentern für den Großteil der Betroffenen umsetzen will. Das sind in Berlin rund 170 000 Kinder und Jugendliche, deren Eltern Arbeitslosengeld II erhalten. Um Familien, die Wohngeld, Kinderzuschlag oder Sozialgeld bekommen, kümmern sich – wie berichtet – unterschiedliche Abteilungen in den Bezirksämtern.

Weiterhin ist offen, woher zusätzliches Personal für die neuen Aufgaben kommen soll. Der Senat fühlt sich nach Informationen des Tagesspiegels nicht verpflichtet, neue Mitarbeiter einzustellen. Er möchte jetzt die kommunalen Beschäftigten, die derzeit in den Jobcentern Aufgaben der Agentur für Arbeit übernehmen, für die Bearbeitung des Bildungspakets einsetzen. Stattdessen solle die Arbeitsagentur neu einstellen. Allerdings war der Senat in den vergangenen Jahren stets froh, überzählige Beschäftigte aus dem Landesdienst in die Jobcenter schicken und deren Einsatz vom Bund bezahlen lassen zu können. So sparte Berlin Personalkosten.

Aber nicht nur organisatorisch ist vieles unklar, auch inhaltliche Fragen müssen bis Freitag beantwortet werden. Dazu zählt beispielsweise, welcher Schulweg einem Kind zuzumuten ist, bevor die Kosten für eine BVG-Karte übernommen werden – eventuell auch gestaffelt nach dem Alter des Kindes. Geklärt werden muss zudem, wer Nachhilfe anbieten darf. Als problematisch wird auch angesehen, dass beispielsweise die Zuschüsse für Lernmaterialien in Höhe von jährlich 100 Euro den Eltern in bar ausgezahlt werden.

Andere Kommunen haben die Umsetzung anders geregelt als Berlin. In Brandenburg machen es Städte wie Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder) komplett in Eigenregie. Sigrid Kneist

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