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Rauchverbot: Dicke Luft im Vernehmungszimmer

Der Nichtraucherschutz hat in Berlin eine Ausnahme: Verdächtige dürfen im Polizeiverhör weiter qualmen – der Kommissar aber nicht.

Es ist ein Bild, das sich gewissermaßen wie Zigarettenglut eingebrannt hat: Ein Mordverdächtiger sitzt im Verhörzimmer, drückt nervös eine Zigarette nach der anderen in den Aschenbecher, während Rauchschwaden den Blick auf den Kommissar vernebeln. Ein Klischee gewiss, aber keine Erfindung der Krimimacher. Das Recht auf Nikotinsucht bleibt für Verdächtige beim Verhör auch in Zukunft unangetastet.

Am Montag hat der Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses eine Ausnahme vom Nichtraucherschutzgesetz beschlossen. Sie sieht vor, dass auch in Zukunft während einer polizeilichen Vernehmung geraucht werden darf. Was – um bei den Klischees zu bleiben – aber nur für die Bösen gilt. Für die Guten, die Wachtmeister und Kommissare, bleibt die Zigarette tabu. Denn das, was ab 1. Januar 2008 für alle öffentlichen Gebäude gelten soll, ist im Präsidium am Platz der Luftbrücke bereits seit Mitte Juni in Kraft: Die Berliner Polizei ist rauchfrei. Das Rauchverbot gilt auf allen Abschnitten, in jedem Flur, in allen Einsatzwagen und Zimmern – solange kein Verdächtiger in Sicht ist.

Mit der Ausnahme im Gesetzentwurf will die Koalition verhindern, dass Strafverteidiger zukünftig in den Gerichtssälen "psychischen Druck“ und "verbotene Vernehmungsmethoden“ ins Feld führen, weil ihrem Mandanten beim Gestehen das Rauchen untersagt worden war. Die Polizisten kennen diese Gefahr – und halten schon lange im Protokoll jede Rauchpause akribisch fest. „Im Laufe der Vernehmung habe ich vier ,Extra light‘ geraucht und drei Kaffee getrunken“, heißt es dann zwischen Geständnis und Unterschrift des Häftlings. Sobald der Verhaftete abgeführt ist, wird der Vernehmungsraum wieder zur Nichtraucherzone, "indem einmal gut durchgelüftet wird“, sagt Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. Derzeit sei noch offen, ob 2008 für rauchende Verdächtige extra Vernehmungszimmer eingerichtet werden.

"Da können auch die Beamten rauchen"

Den rauchenden Beamten könnte das neue Gesetz ebenfalls entgegenkommen, da es in Polizeiwachen und Gerichten Raucherzonen in "gesonderten Wartebereichen“ vorsieht. Schodrowski: "Da könnten auch die Beamten rauchen.“ Zwietracht unter den Kollegen habe der Nichtraucherschutz – oder seine Ausnahmen – bislang nicht gesät, im Alltag sei das "kein Thema“. Wenn ein Kettenraucher vernommen werde, werde kein nichtrauchender Beamter zum Verhör gezwungen. "Da findet sich immer einer, der übernimmt.“

Alkoholiker und Junkies, die jetzt von Vernehmungen mit Minibar und kostenlosen Spritzen träumen, müssen allerdings enttäuscht werden. Bei ihnen gilt: Wer akute Krankheitssymptome aufweist, wird nicht vernommen.

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