zum Hauptinhalt
Lauf in die Sonne. Tausende durchquerten beim 25-Kilometer-Lauf am Sonntagvormittag das Brandenburger Tor.

© Davids

Raus an die frische Luft: Berlin duftet nach Frühling

Und nach Sonnencreme. Und nach Grillfeuer. Und nach frischem Rasen. Und nach Läufer-Schweiß. Ein Wochenende voller Spaß im Freien.

Laufen, Schwitzen, Glücklichsein. Für Friedhard Kerner aus Kreuzberg gilt das am Sonntagvormittag im doppelten Sinne. Sonne satt und ein zartblauer Himmel, um ihn herum das Getrappel hunderter Sportschuhe auf dem Asphalt. Menschen, die ihn anfeuern mit Rätschen und Applaus, während er mit beiden Händen einen Kinderwagen vor sich herschiebt. Das hat er sich fest vorgenommen: Töchterchen Lena, 13 Monate jung, soll die ganze 25-Kilometer-Strecke mit dabei sein. Er winkt und lacht der Kleinen zu. Immerhin, gut die Hälfte haben die beiden schon geschafft hier im Mittelfeld der mehr als 10000 Läufer, die an diesem traumhaften Maitag durch Berlins City rennen.

Es ist 11.15 Uhr an der Urania. Wie fast überall entlang der Rennstrecke des „25-Kilometer-Laufes BIG 25 Berlin“, der Punkt 10 Uhr am Olympiastadion begann, genießen die vielen Berlin-Touristen ihr Frühstück draußen an den Cafétischen, lassen sich mitreißen von der Sonnen-Sonntag-Stimmung, die irgendwie die ganze Stadt erfasst hat. Vor ihnen am Straßenrand das Gedrängel der Zuschauer, die Spalier stehen. Mit T-Shirts, Basecap, nach Sonnencreme duftend. Klar, dieser traditionsreiche Rundkurs durch die West- und Ostcity, gehört in Berlin seit 33 Jahren zum Start in den Wonnemonat Mai wie das Anbaden im Wannsee.

Alle verstummen. Sie warten auf das Lauf-Feld

Endlich raus an die frische Luft nach dieser ewigen Winterkälte. Im Tiergarten, gleich neben der Rennstrecke an der Tiergartenstraße, räkeln sich Picknicker auf ihren Decken, die wie ein Patchwork-Muster den Rasen schmücken. In den S- und U-Bahnen erkennt man am Sonntagvormittag sofort, wer mit prallen Badetaschen zu den ersten geöffneten Freibädern fährt, mit Rucksack und Hund in Berlins Wälder strebt, sich in den Shopping-Trubel stürzt am verkaufsoffenen Sonntag oder mit selbstgemalten Schildern zu den Läufern unterwegs ist. „Klaus, Du bist der größte!“ haben zwei junge Frauen auf ein Plakat für ihren Kollegen gepinselt, der erstmals dabei ist.

Im Tilla-Durieux-Park am Potsdamer Platz spielen türkische Kinder auf den gelben Löwenzahnwiesen Fangen, als vorne am S- und U-Bahnhof gegen 10.30 Uhr plötzlich hunderte Gesichter in Richtung Leipziger Platz blicken. Keiner quatscht mehr, selbst die Trommler verstummen. Alles wartet auf das Feld. Dann plärrt es aus dem Megafon: „Jetzt kommt gleich die Spitze!“ Es sind vier dunkelhäutige Profis mit den Startnummern 2, 5, 9 und 3. Jubel bricht los, die Läufer lächeln. „Irre, wie entspannt die noch wirken“, ruft ein Junge in der Menge. „Natürlich, die Stars kommen wieder aus Kenia“, sagt ein Ordner der „Berlin läuft GmbH“. Die Kenianer haben schon fast ein Gewohnheitsrecht auf die Siegerplätze. Vor 33 Jahren, als am 3. Mai 1981 der erste 25-Kilometer-Lauf in Berlin startete, war das noch anders. Die französischen Alliierten hatten damals die Idee zu dem Sportereignis, sie luden türkische Spitzenläufer ein, die auch gleich als erste im Stadion durchs Ziel rannten. „Raus aus dem Wald, rauf auf Asphalt“, hieß in den frühen 80ern das Motto. Zuvor hatte die Polizei Straßenläufe strikt abgelehnt, auch beim Marathon durften die Sportler nur durch den Wald rennen.

Kichern zum Weltlachtag

Kurz nach 11 Uhr laufen die Sieger am Sonntag schon im Olympiastadion ein, während sich die Schlusstruppe gerade mal dem Leipziger Platz nähert. Aber da stürzen sich viele Berliner bereits in die nächsten Frühjahrsvergnügen: Einkaufsbummeln und Eis schlecken am Alex oder Tauentzien – denn wegen des Theatertreffens dürfen die Geschäfte von 13 bis 20 Uhr öffnen – oder Modellfliegen, Chillen und Skaten am Tempelhofer Feld, das am Sonntag den bislang größten Ansturm in diesem Jahr erlebt. Am S- und U-Bahnhof Tempelhof sind die Abgänge zeitweise so überfüllt, dass die Menschen nicht gleich vom Bahnsteig wegkommen. Und mitten auf dem einstigen Flugfeld kichert und prustet eine Gruppe meist junger Leute los, als hätten alle zuviel Sonne abbekommen. Die Initiative „Hauptstadt lacht“ hat zum Weltlachtag eingeladen. In den nächsten Tagen, sagt Dennis Brüning vom Wetterdienst Meteogroup, werde den Berliner „leider die Frühjahrslaune“ wieder ein bisschen vergehen. Ein Tief aus Italien bringe spätestens ab Dienstag dunkle Wolken und Schauer. Doch es bleibt tagsüber wenigstens warm, bis zu 23 Grad. Und der Lichtblick: „Zu Himmelfahrt wird’s wieder sonnig.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false