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Berlin: Raus aus dem toten Winkel

Auf Berlins Straßen wurden 2004 weniger Kinder von Rechtsabbiegern erfasst. Viele Laster sind jetzt mit Zusatzspiegeln ausgerüstet

In Berlin sind im vergangenen Jahr weniger Kinder bei Rechtsabbiegeunfällen im Straßenverkehr verletzt worden als in den Jahren zuvor. Darüber hinaus hat sich die Zahl der auf Berlins Straßen tödlich verunglückten Radfahrer im Jahr 2004 halbiert. Der Rückgang der Unfallzahlen sei im hohen Maße der breiten öffentlichen Diskussion über Sicherheit im Straßenverkehr nach dem tragischen Tod des neunjährigen Jungen Dersu im März vergangenen Jahres zu verdanken, sagt Berlins Fahrradbeauftragter, Benno Koch. Um Kinder, Eltern und Verkehrsteilnehmer für das kommende Frühjahr zu sensibilisieren, startet die Aktionsgemeinschaft Verkehrssicherheit für Schulkinder unter der Federführung der Senatsbildungsverwaltung am heutigen Montag die Schulaktion „toter Winkel“.

Reagiert haben auch viele Speditionen und Fuhrunternehmen. Bei der BVG hieß es, zwei Drittel der Busse seien nachgerüstet, der Rest folge bis Jahresende.Ähnliches gilt für andere Landesbetriebe. Dank der Spendeninitiative zum Dobli-Spiegel von Tagesspiegel-Leser Martin Keune konnten 100 dieser Spiegel – sie werden unten rechts vor der Frontscheibe befestigt – gratis an Lkw-Betreiber abgegeben werden. Allerdings wurden längst nicht alle Lkw in Berlin mit einem zusätzlichen Außenspiegel ausgestattet. „Die von den Firmen angebotenen Nachrüstsätze passen nicht in alle Spiegelgehäuse“, sagt Gerd Bretschneider von der Fuhrgewerbeinnung Berlin-Brandenburg.

Nach Auskunft der Polizei waren 2004 insgesamt 31 Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr von Unfällen mit rechtsabbiegenden Lastern und Autos betroffen – fast alle waren mit dem Rad unterwegs. Ein Kind – der neunjährige Dersu – wurde getötet. Im Jahr 2003 war kein Todesopfer unter 15 Jahren bei Unfällen mit Rechtsabbiegern zu beklagen. Allerdings wurden weit mehr, nämlich 38 Kinder, von abbiegenden Lkw und Autos leicht verletzt. 2002 waren sogar 43 Kinder an solchen Unfällen beteiligt. Zwei Radfahrer wurden schwer verletzt. Auch der kleine Dersu aus Charlottenburg fuhr am 23. März 2004 auf dem Radweg, als ihn ein Sattelschlepper an der Kreuzung Bismarckstraße / Ecke Kaiser-Friedrich-Straße überrollte. Gegen den 40-jährigen Fahrer wurde Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Angehörige und Freunde der Familie des Jungen treffen sich am Jahrestag um 17 Uhr zu einer Mahnwache an der Unfallstelle.

Anfang der Woche trifft sich eine Charlottenburger Initiative, die ein Mahnmal zum Gedenken an im Straßenverkehr verunglückte Kinder entwirft. Nach Auskunft einer Sprecherin, schlägt die Initiative dem Bezirksamt zudem vor, bestimmte Straßen für Laster ohne Zusatzspiegel zu sperren. Bei der Stadtentwicklungsverwaltung zeigte man sich offen gegenüber dem Mahnmal-Vorschlag. „Wir werden die Idee im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen“, sagte Behördensprecherin Manuela Damianakis.

Annette Kögel

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