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Berlin: Razzia im Nazi-Treff

Spezialeinsatzkommando der Polizei sprengte das Jahrestreffen der rechtsextremistischen „Hammerskins“

Erschütternd sei die Dreistigkeit und die Frechheit, sagt der Einsatzleiter der Polizei am Rande der Razzia bei dem Treffen der „Hammerskins“. Obwohl jeder einzelne Skin und jeder einzelne Neonazi von mindestens zwei schwer bewaffneten und behelmten Beamten bewacht wird, finden viele den Mut zu pöbeln, zu beleidigen. „Du Judensau“, flucht ein Skin mehrfach – die Strafanzeige folgt auf dem Fuße. Ein wütender „Vandale“ mit „Reichshauptstadt“-Hemd und geflochtenem Zöpfchen beginnt gleich mit vier stämmigen Polizisten zu rangeln. „Denen ist alles egal“, kommentiert der Leiter der Polizeidirektion 6, Michael Knape, diese Szenen. Der Polizeidirektor hat in den letzten Jahren ein gutes Dutzend rechter Konzerte und rechter Party vor der Zeit beendet.

Ein Spezialeinsatzkommando und 250 Polizisten sprengen am späten Samstagabend das konspirativ vorbereitete Jahrestreffen der rechtsextremistischen Hammerskins – und zwar schlagartig. Eine Stunde zuvor war der Treffpunkt bekannt geworden: der „Pankower Bär“, ein einfacher „Billard-Treff“ im Pankower Ortsteil Niederschönhausen, ein Plattenbau-Relikt aus DDR-Zeiten. Hier kostet das Pils einen Euro. 127 Männer und Frauen werden überprüft – gut zweieinhalb Stunden lang.

„Die Ultra-Elite der rechtsextremistischen Skinheads“, beschreibt Knape die versammelten Kahlköpfe. Die 15 Berliner Hammerskins hatten neben bayerischen, Schweizer und französischen „Brüdern“ auch die Ost-Berliner Neonazi-Rocker „Vandalen“ und NPD-Mitglieder eingeladen. Die Polizei trifft aber auch den bekannten Neonazi und früheren Kroatien-Söldner Eckart B. im Pankower Bären an, mit Seidenschal, Jacket – und grinsend. Einzeln und nacheinander führen mehrere Beamte jeden der Kahlköpfe aus der Kneipe, im gleißenden Licht eines Polizei-Flutlichtmastes werden sie gefilzt.

Die Polizisten suchen vor allem nach verbotenen Abzeichen, Emblemen, Parolen und Uniformteilen. „Nur Einigkeit führt zum Sieg“, prangt auf manchen Bierbäuchen, oder kryptisches wie „2 yt 4 u“. Die Männer von der Spezialeinheit PMS (Politisch motivierte Straßengewalt) wissen, was das bedeutet: „Too white for you“, „zu weiß für dich“ also. Manches davon ist verboten oder fällt unters Uniformverbot. Jedes Abzeichen, jede Tätowierung wird fotografiert von den Spezialisten des Staatsschutzes. Für Zweifelsfälle steht der Justitiar der Polizei, Oliver Tölle, vor dem „ Bären“. Vier Strafanzeigen werden wegen verfassungswidriger Abzeichen geschrieben. Sieben Skins müssen ihre Bomberjacken abgeben, sie werden als verbotene Uniform beschlagnahmt.

Die international agierende Skinhead-Bewegung „Hammerskins“ wurde 1986 in den USA gegründet. Ihr Symbol sind zwei gekreuzte Zimmermannshämmer, die „die Stärke der weißen Arbeiterschaft“ symbolisieren sollen. Diese Art „arischer Bruderschaft" sieht ihre wichtigste Aufgabe in der Verbreitung nationalsozialistischer und rassistischer Ideologien. „Elitär“ beschreibt Knape die Bande, „da kommt nicht jeder rein“. „Hammerskins verabscheuen sogar Alkohol“, sagt Knape – lassen es aber zu, dass Vandalen und andere „Gäste“ ihr Bierchen im Pankower Bär kippen. Kurz nach halb zehn an diesem Abend ist Schluss – so wie vor zwei Wochen bei der Feier der Rockergruppe „Walhalla 92“ oder vor zwei Monaten bei der Geburtstagsparty der Vandalen in Köpenick. Auch dort tauchte Knape mit zwei bis drei Hundertschaften auf. „Keinen Fußbreit den Rechten“, ist Knapes Motto.

Das mit Abstand härteste „Publikum“ saß im Pankower Bär versammelt. „Wenn wir hier nicht mit dem SEK reingegangen wären, hätte das anders ausgehen können“, beschreibt Kriminaldirektor Tölle die latente Gewaltbereitschaft der Kahlköpfe. Der sächsische Ableger der Hammerskins soll noch in diesem Jahr wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt werden.

Vor zwei Wochen, bei der „Nordmann- Party“, hatten sich hinterher viele Rocker über den ihrer Ansicht nach überzogenen Einsatz beschwert. Für Knape ist dagegen nicht die Zahl der Anzeigen bei einer solchen Razzia wichtig, sondern die Verunsicherung der Szene. Die vermische sich immer mehr zwischen Rockern, Neonazis, Motorradgruppen, Fußball-Hooligans und Skins.

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