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Goldgrube. Die Paris Bar wurden von früheren Geschäftsführern als Steuersparmodell betrieben. Foto: dapd

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Berlin: Rechnung für Ex-Wirte der Paris Bar

Wegen Steuerhinterziehung müssen frühere Betreiber Geldstrafen zahlen

Große Steuersünder sind sie, gierige Halunken aber nicht. Sie legten sich keine Villa auf Mallorca zu und schafften kein Geld auf versteckte Konten. Die früheren Betreiber der legendären „Paris Bar“, Michael W. und Reinald N., seien in dem Punkt „besondere Angeklagte“, befanden die Richter und urteilten milde. Die Ex-Chefs seien „buchhalterisch überfordert“ ins Debakel gerutscht und seitdem hoch verschuldet. Die Freiheit aber bleibt ihnen trotz Steuerhinterziehung in Millionenhöhe: Bewährungsstrafen von jeweils zwei Jahren sowie Geldstrafen von 7500 beziehungsweise 5000 Euro verhängte das Landgericht am Mittwoch.

Die beiden grauhaarigen Herren von 67 und 73 Jahren mussten sich zwar reichlich Kritik anhören. Doch es war auch Balsam für die Seele dabei: „Zwei Männer, die sich in gewisser Weise um die Berliner Kultur verdient gemacht haben.“ Keine Abzocker. „Sie haben letztlich noch draufgezahlt.“ Man rechnete ihnen „besondere Umstände“ an und ihre umfassenden Geständnisse. Ein Großteil der „kleineren“ Vorwürfe wurde eingestellt.

Sie kamen vor Jahrzehnten von Österreich nach Berlin und übernahmen für relativ wenig Geld im Jahr 1978 das Restaurant an der Kantstraße in Charlottenburg. „Wir haben mit Begeisterung daran gearbeitet, dass es einen internationalen Ruf bekommt“, lautete die Strategie der Ex-Chefs. Es wurde eine Erfolgsstory. Die „Paris Bar“ wurde unter der mehr als 25-jährigen Regie von W. und N. zum Promi-Treff und weit über Berlin hinaus bekannt.

Finanziell aber wirtschafteten sie kräftig im Schattenbereich: Die Hälfte lief bei ihnen schwarz. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen von 2001 bis 2005 insgesamt 2,9 Millionen Euro Steuern hinterzogen worden. Dahinter verbergen sich Beträge aus der Umsatz- und Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsabgaben. „Es stand auch außer Frage, dass ein Teil der Löhne schwarz gezahlt wird“, gabe die Angeklagten im Prozess zu. Sie als Seiteneinsteiger hätten das bereits in den 70er Jahren so vorgefunden.

Das Lokal war angesagt: Stars wie Jack Nicholson oder Robert de Niro speisten in der „Paris Bar“, Gina Lollobrigida ebenso wie Madonna. „Es glänzte zwar nach außen, nach innen aber war es schlecht gemanagt“, sagte N. Zu viel Personal sei beschäftigt worden. „Bis zu 50 Angestellte, heute ist nicht einmal die Hälfte dort tätig.“ Die Ex-Chefs erzählten, wie sie Geschenke von Freunden aus der Kunstszene verkauften, um Schulden zu bezahlen. „Sie haben sich nicht bereichert, sondern entreichert“, sagte ein Anwalt. 2005 mussten sie Insolvenz anmelden.

„Sie stehen vor den Trümmern ihrer bürgerlichen Existenz“, war man sich im Prozess einig. Was bleibt, ist ein immenser Schaden. Der Ankläger rechnete für den Tatzeitraum vor, dass der Steuerzahler die Bar mit täglich 1100 Euro subventionierte. „Sie haben der Berliner Kulturszene auf Kosten der Allgemeinheit Gutes getan“, hielt er den Ex-Wirten vor. Die Geldstrafen (250 Tagessätze zu 30 Euro beziehungsweise 20 Euro) dürfen sie in Raten abstottern. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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