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Berlin: RECHTLICHE RISIKEN

Der Hauptstadtflughafen „Berlin-Brandenburg International“, wie er früher hieß, war und ist Gegenstand vieler juristischer Auseinandersetzungen. Bei einem Infrastrukturprojekt dieser Dimension ist das fast nicht zu vermeiden.

Der Hauptstadtflughafen „Berlin-Brandenburg International“, wie er früher hieß, war und ist Gegenstand vieler juristischer Auseinandersetzungen. Bei einem Infrastrukturprojekt dieser Dimension ist das fast nicht zu vermeiden. Ganz aktuell wird um den BER auf verschiedenen Ebenen gestritten, wobei davon nicht abhängt, ob der Flughafen ans Netz gehen darf – sondern nur wie, mit welchen Konditionen. Allerdings bleiben auch hier, wie immer bei Verfahren, Risiken und Unwägbarkeiten.

Ein Überblick: Am 23. Januar verhandelt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg über eine Klage der Gemeinden Stahnsdorf, Kleinmachnow, Teltow und der Deutschen Umwelthilfe gegen die veränderten Flugrouten, genauer gegen die Wannsee-Route. Eine ähnliche Klage gibt es gegen die Müggelsee-Route. Die Kläger sehen sich durch das von der EU-Kommission in Brüssel jetzt angedrohte Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zu den Flugrouten über EU-Vogelschutzgebiete bestärkt. Sie argumentieren, die gesamte Flugroutenregelung sei rechtswidrig.

Allerdings gehen der Bund, Berlin und Brandenburg nicht davon aus, dass die rechtlichen Grundlagen des Flughafens durch die Intervention oder die Prozesse vor dem OVG einen BER-Start gefährden. Denn die entscheidenden Verfahren dafür hat der Flughafen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gewonnen. Die Leipziger Richter haben den Planfeststellungsbeschluss, der auch die Nachtflugregelung mit einer Kernruhezeit von 24 bis 5 Uhr und einem Kontingent von Ausnahmeflügen zwischen 23 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5 und 6 Uhr regelt, bereits in letzter Instanz bestätigt. In Leipzig war auch die spätere Klage von Anrainerkommunen gegen nachträglich veränderte, nämlich abgeknickte und vom Planfeststellungsbeschluss abweichende Flugrouten gescheitert. Trotzdem gibt es auch hier noch eine Unwägbarkeit: Betroffene Bürgerinitiativen haben das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen.

Auch beim Schallschutz ist das letzte Wort der Gerichte noch nicht gesprochen. Zwar hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das Billigschallschutzprogramm des Flughafens für rund 20 000 betroffene Anwohner gestoppt, das nach dem Urteil vom Mai 2012 von Beginn an systematisch gegen den Planfeststellungsbeschluss verstieß. Im BER-Etat vorgesehen waren über Jahre lediglich 140 Millionen Euro. Nach dem OVG-Urteil müsste er um 595 Millionen Euro aufgestockt werden. Brandenburgs Infrastrukturministerium als zuständige Planfeststellungsbehörde hat aber einen abgemilderten Standard verfügt, der knapp 300 Millionen Euro kosten würde. Dagegen wird geklagt. Mit einer Entscheidung des OVG wird im Frühjahr 2012 gerechnet. Und auch bei einem möglichen EU-Vertragsverletzungsverfahren zu den Flugrouten hätten erfahrungsgemäß Richter das letzte Wort – in diesem Fall der Europäische

Gerichtshof.

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