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Berlin: Rechtsextreme Gefahr in östlichen Bezirken erheblich größer als im Westen

Straftaten laut Verfassungsschutz zurückgegangen, aber leichter Anstieg bei Gewaltdelikten VON FRANK JANSEN Berlin.Keine Entwarnung, aber auch keine Panik - so läßt sich die Bewertung rechtsextremer Umtriebe durch Innensenator und Verfassungsschutz zusammenfassen.

Von Frank Jansen

Straftaten laut Verfassungsschutz zurückgegangen, aber leichter Anstieg bei Gewaltdelikten VON FRANK JANSEN

Berlin.Keine Entwarnung, aber auch keine Panik - so läßt sich die Bewertung rechtsextremer Umtriebe durch Innensenator und Verfassungsschutz zusammenfassen."Von den Rechtsextremisten geht keine Gefahr aus, aber jede einzelne Tat kann sofort zu spektakulären Aktionen führen", sagte Innensenator Schönbohm gestern bei der Vorstellung einer Dokumentation des Landesamtes für Verfassungsschutz.Aus ihr geht hervor, daß die Zahl der registrierten Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund 1996 deutlich gesunken ist.Bei Gewalttaten gibt es einen minimalen Anstieg.Sorge bereitet dem Innensenator die Ballung der Delikte, etwa zwei Drittel, im Ostteil der Stadt.Die Zahl der festgestellten Straftaten ging in Berlin von 450 im Jahr 1995 auf 289 zurück.1996 wurden 24 Gewalttaten registriert, somit ein Delikt mehr als im Jahr zuvor.Mit dieser Bilanz liegt Berlin quer zum Trend im Umland.In Brandenburg nahmen laut vorläufigen Statistiken sowohl die Gewalttaten als auch die rechtsextremen Straftaten insgesamt zu - letztere auf knapp über 500 nach 444 im Jahr 1995.Die Potsdamer Werte werden vor dem Hintergrund der Bevölkerungszahlen noch brisanter: In Brandenburg lebt eine Million Menschen weniger als in Berlin, trotzdem gibt es in der Mark rund 70 Prozent mehr rechte Straftaten.Empört hat die Brandenburger Landesregierung indes eine Meldung zurückgewiesen, das Land nehme bei antisemitischen Straftaten im vierten Quartal 1996 den Spitzenplatz in der Bundesrepublik ein.Die Pressestelle des Bundestages mußte sich gestern korrigieren: Berlin verzeichnete 39 Delikte, Brandenburg lediglich sieben. In der Bundeshauptstadt tummeln sich laut Schönbohm 2305 Rechtsextremisten, etwa 100 weniger als 1995.Der harte Kern der Neonazis wird mit 280 Personen beziffert, hinzu kommen 530 Skinheads.Die anderen Rechtsextremisten zählen im wesentlichen zu NPD, DVU und Republikanern.Die stärkere Belastung des Ostteils der Stadt läßt sich schon an zwei Daten ablesen: Der Bezirk Lichtenberg liegt bei der Zahl der Tatorte wie auch der Tatverdächtigen einsam an der Spitze.Außerdem sind im Osten zehn der elf "Kameradschaften" aktiv.Mit diesen losen Zusammenschlüssen versucht ein Teil der Szene, Vereinsverboten vorzubeugen. In der Dokumentation des Berliner Verfassungsschutzes wird zwei Gruppierungen größere Bedeutung zugewiesen: Die "Berliner Kulturgemeinschaft Preußen" gilt als "integrierender Faktor und Sammelbecken für das gesamte rechtsextremistische Spektrum Berlins".Die Kulturgemeinschaft tat sich in den letzten Jahren als Anmelder brauner Aufmärsche zum "Heldengedenktag" in Halbe hervor.Der Ex-Vorsitzende Ulli Boldt wurde kürzlich bei dem Versuch enttarnt, sich in der Brandenburger Jungen Union einzunisten.Als zweites "bedeutendes Sammelbecken" nennt der Berliner Verfassungsschutz die "Jungen Nationaldemokraten".Sie profitieren stark von den Verboten mehrerer Neonazi-Gruppen seit 1992. Fazit der Verfassungsschützer: Staatlicher Verfolgungsdruck hat die Szene geschwächt - doch bleibe "das in der Gesellschaft befindliche Reservoir an instrumentalisierbaren Ressentiments konstant."

Die Broschüre kann beim Landesamt für Verfassungsschutz unentgeltlich bezogen werden: Auf dem Grat 2, 14195 Berlin

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