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Thilo Sarrazin - nicht nur bei der Industrie und Handelskammer (IHK) in Berlin hat er Freunde.

© dpa

Update

Rechtsextremismus: Sarrazins Buchverlag prüft juristische Schritte gegen NPD-Kampagne

Die Berliner NPD verteilt Postkarten mit einem Satz aus Thilo Sarrazins Bestseller "Deutschland schafft sich ab". Der Buchverlag hat seine Rechtsabteilung eingeschaltet.

Die rechtsextreme NPD wirbt derzeit auf tausenden Wahlkampfflugblättern mit einem Zitat von Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Der Satz „Ich möchte nicht, dass wir zu Fremden im eigenen Land werden“, aus seinem umstrittenen Bestseller steht direkt über den rassistischen Parolen auf der schwarz-weiss-roten Postkarte. Über ein Formular auf der Rückseite kann man die Parteimitgliedschaft beantragen. Für manche Berliner, die das Flugblatt in ihrem Briefkasten finden, entsteht so der Eindruck, dass Sarrazin aktiv die NPD unterstützen würde.

Um Erlaubnis gefragt habe man Sarrazin nicht, gab der Berliner NPD-Landesvorsitzende Uwe Meenen gegenüber dem Tagesspiegel offen zu. Eine juristische Auseinandersetzung haben die Rechtsextremisten offenbar für ihre gezielte Provokation bewusst eingeplant. „Wir lassen uns da überraschen“, sagte Meenen. Wenn Sarrazins Verlag klagen wolle, könne er das versuchen. Angeblich würden die Flugblätter in den kommenden Wochen in „sechsstelliger Stückzahl“ in allen Berliner Bezirken verteilt.

Der Verlag, in dem Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" erschienen ist, will gegen die Kampagne vorgehen. „Wir prüfen alle juristischen Möglichkeiten“, sagte der Sprecher der Deutschen Verlags-Anstalt (DVA), Markus Desaga, am Montag dem Tagesspiegel. Die Rechtsabteilung des Verlags aus dem Bertelmanns-Konzern, wurde bereits am Wochenende beauftragt die Chancen auf eine einstweilige Verfügung auszuloten. „Wir sind zuversichtlich, dass wir erfolgreich gegen die Vereinnahmung unseres Autors durch die NPD vorgehen können“, sagte Desaga.

Oskar Lafontaine (Linke) hatte 2006 einen Prozess gegen die Autovermietung Sixt verloren, die mit seinem Foto geworben hatte. Die ebenfalls betroffene Angela Merkel (CDU) hatte 2001 auf eine Klage gegen Sixt verzichtet.

„Man kann dem Noch-Genossen Sarrazin nur raten mit allen rechtlichen Mitteln dagegen vorzugehen“, sagte der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber. Andererseits sei es nicht verwunderlich, dass „rechte Rattenfänger“ genau auf diese Zitate anspringen würden. „Es war abzusehen, dass genau das im Wahlkampf passiert und die NPD versucht so in die Medien zu kommen.“ Am Montagabend will die NPD am Bat-Yam-Platz in Rudow unter dem Motto „Fremdarbeiter Stoppen“ eine Kundgebung abhalten. Vermutlich werden die Flugblätter auch dort verteilt. Initiativen gegen Rechts haben eine Gegendemonstration angemeldet.

Die NPD-Postkarte ist nicht das erste Mal, dass Neonazis Sarrazins Thesen für Wahlkampfzwecke missbrauchen. Im vergangenen Jahr entfernte die Polizei an der NPD-Bundeszentrale in Köpenick ein Banner mit dem Konterfei Sarrazins. Darunter stand „Sarrazin hat recht“. Sein Verlag hatte damals Anzeige gegen die Partei erstattet. Trotzdem kursieren immer noch NPD-Aufkleber mit demselben Motiv in der Szene.

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