zum Hauptinhalt
Ein gewalttätiger Demonstrant schlägt einen Polizisten nieder. Laut einer Potsdamer Studie wird die Gewaltbereitschaft gegen Polizeibeamte in Zukunft noch steigen - besonders von Seiten der rechtsextremen Szene.

© dpa

Rechtsextremismus: Warnung vor Neonazi-Attacken gegen Polizisten

Die rechte Gewalt gegen staatliche Stellen steigt. Eine Studie von Forschern aus Potsdam warnt vor neuen Terrorzellen und der zunehmenden Gefahr für deutsche Polizeibeamte auch in ihrem Privatleben, von Neonazis angegriffen zu werden.

Forscher des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien und das brandenburgische Innenministerium warnen vor zunehmenden Gewaltattacken von Neonazis gegen Polizeibeamte. Ein Mord wie der an einer Polizistin in Heilbronn 2007, der der Neonazi-Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ zugeschrieben wird, könne jederzeit wieder geschehen. Grund dafür sei die wachsende Radikalisierung und Ideologisierung der Neonazi-Szene seit den neunziger Jahren, sagte der Politikwissenschaftler Christoph Kopke am Dienstag bei der Vorstellung der Studie in Potsdam. Auch das Entstehen neuer Terrorzellen sei nicht ausgeschlossen. Es gebe innerhalb der Szene zahlreiche „tickende Zeitbomben“.

Kopke und Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) erinnerten daran, dass in Deutschland bislang fünf Polizeibeamte von Rechtsextremisten getötet wurden. Und die Mörder wie der Berliner Neonazi Kay D. werden in der rechten Szene noch immer als Helden und Kämpfer verherrlicht, heißt es in der Studie. D. hatte 1997 erst einen Buchhändler in Marzahn angeschossen und auf der Flucht in Schleswig-Holstein einen Polizisten erschossen. Im Jahr 2000 erschoss ein Rechtsextremer in Nordrhein-Westfalen bei einer Fahrzeugkontrolle erst einen Beamten und auf der Flucht zwei weitere Polizisten.

Kopkes Warnung vor neuen Terrorzellen und Attacken auf Polizisten hat nach dem Forschungsprojekt, bei dem auch 15 000 Texte von rechten Musiktiteln, Internetseiten, Propaganda von Kameradschaften und NPD ausgewertet wurden, einen Grund: Während die Polizei bislang vor allem von Linksextremisten etwa bei Demonstrationen angegriffen wurde, waren Rechtsextremisten lange zurückhaltend, auch wegen ihres Hangs zum Obrigkeitsstaat. Das hat sich grundlegend geändert, was die Studie besonders auch Beamten vermitteln soll. Denn inzwischen ist die Polizei für Neonazis ein Feindbild. Immer häufiger kommt es auch zu gewalttätigen Attacken, die Bereitschaft dazu sei enorm gewachsen, wie Forscher und Polizei selbst beobachten.

Zudem werden Polizisten immer häufiger im Privatleben von Neonazis bedroht, auch „mit unverholenen Aufrufen zu Gewalt bis hin zum Mord“. Das bestätigt das Innenministerium. Bereits mehrfach seien Schutzmaßnahmen für einzelne Beamte ergriffen worden. Auch in Berlin haben die Behörden damit Erfahrung. Michael Knape, seit 1998 als Polizeidirektor zuständig für die Ostbezirke der Stadt, hat sich wegen seines Einsatzes gegen die rechtsextreme Szene einen Ruf als „Nazi-Jäger“ gemacht. Knape musste vor Jahren um seine Sicherheit fürchten, weil er von Neonazis bedroht worden war – mit Hassliedern, Steckbriefen und Telefonterror.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false